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Bundesfinanzminister verteidigt ABM-Kürzungen

■ Theo Waigel erwägt Alternativen bei ABM-Einsparungen nur, wenn anderswo gekürzt wird. Handwerks- und Industrieverbände stellen sich auf seine Seite

Bonn (AFP) – Bundesfinanzminister Theo Waigel (CSU) hat die geplanten Kürzungen bei Arbeitsbeschaffungsmaßnahmen (ABM) in den neuen Bundesländern verteidigt. Von den rund zehn Milliarden Mark für ABM flössen mehr als 70 Prozent nach Ostdeutschland, obwohl dort nur 30 Prozent der Arbeitslosen gemeldet seien, sagte er der Berliner Zeitung. Deshalb halte er eine „gewisse Anpassung, die schrittweise erfolgt, für richtig und für notwendig, um verstärkt wettbewerbsfähige Arbeitsplätze zu schaffen“.

Mit Blick auf die Kritik an den Kürzungen sagte Waigel aber auch, er habe sich „Umschichtungen“ nie verschlossen, sofern sie zum gleichen Einsparvolumen führten. Der Deutsche Gewerkschaftsbund betonte, Ost-ABM- Stellen seien seit 1995 kräftig abgebaut worden. Der Zentralverband des Deutschen Handwerks (ZDH) erklärte, er sehe keine Alternative zu den ABM-Kürzungen. ZDH- Generalsekretär Hanns-Eberhard Schleyer sagte, die neuen Länder müßten sich damit abfinden, daß das gegenwärtige Niveau nicht gehalten werden könne. Er verwies darauf, daß die Bundesanstalt für Arbeit bereits in diesem Jahr ein Defizit von rund acht Milliarden Mark habe. Wenn ABM im bisherigen Umfang weitergeführt würde, ließe sich das nur über höhere Steuern und Abgaben finanzieren und würde einen weiteren Anstieg der Lohnzusatzkosten bedeuten. In Ostdeutschland machten ABM-Stellen weiterhin dem Handwerk Konkurrenz. Deshalb sollten handwerkliche Arbeiten grundsätzlich aus dem ABM-Bereich ausgeklammert werden.

ABM dürfe nicht zu Lasten des ersten Arbeitsmarktes gehen, betonte die CDU/CSU-Mittelstandsvereinigung (MIT). MIT- Vorsitzender Hansjürgen Doss verwies auf die zunehmende existentielle Not mittelständischer Betriebe, beispielsweise im Garten- und Landschaftsbau, wo insgesamt 62.000 gewerblichen Arbeitnehmern 110.000 ABM-Stellen gegenüberstünden. Besonders junge Unternehmen könnten immer weniger mit den über ABM subventionierten Angeboten konkurrieren. Waigel betonte, daß insbesondere die Investitionsausgaben in den neuen Ländern „auf einem ganz hohen Niveau“ blieben. Niemand könne behaupten, der Bund sei sich nicht seiner Verpflichtung für Ostdeutschland bewußt. Die hohen ABM-Leistungen könnten nicht ewig bleiben. Er verwies darauf, daß andere Arbeitsplätze möglicherweise für weniger Geld nicht mehr angenommen würden. Auch könnten nicht auf Dauer „die Sünden der Tarifpolitik“ über Transferleistungen finanziert werden.

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