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Lernen, es allein zu schaffen

■ „Solidarische PsychoSoziale Hilfe“ unterstützt Menschen mit psychischen Problemen

Die Kündigung der Wohnung stand ihr ins Haus, eine Prüfung stand ihr bevor und auch und vor allem die Trennung von ihrem Freund. Die habe sie zwar schon seit langem gewollt, sagt Silke, aber trotzdem nicht verwirklichen können. „Wie das eigentlich jeder kennt.“ Die heute 30jährige bekam Angst. „Panische Angst“. Wie das nicht jeder kennt.

Sie hat Freunde. Doch deren Möglichkeit zu helfen, ist sie überzeugt, sei immer begrenzt. Freundschaften beruhten schließlich auf Gegenseitigkeit, erst erzählt der eine, dann die andere – wie es denn so geht. Und Silke hat irgendwann immer nur das gleiche erzählen können. Und immer weniger Interesse gehabt an den Sorgen anderer. Gleich beim ersten Besuch der „Solidarischen PsychoSozialen Hilfe“ bekam sie das Gefühl vermittelt, daß es hier völlig in Ordnung ist, nur von sich, meist dasselbe und manchmal auch fast gar nichts zu erzählen.

Sie schaffte die Prüfung, den Umzug. Und die Trennung schaffte dann sie. Obwohl dieser Schritt richtig war, konnte sie daraufhin keinen weiteren mehr gehen. Sie erstarrte. Jeder Tag mußte, damit Silke ihn hinter sich bringen konnte, in bestimmte Tätigkeiten zu festen Zeiten gegliedert sein. „Wenn mich jemand abends spontan besuchen wollte für eine halbe Stunde, warf mich das total aus der Bahn.“

Ihre Berufstätigkeit beschränkte sich auf einen Job in der Altenpflege, 20 Stunden die Woche. Zugelassen war sie zwar als Heilpraktikerin, fand in dem Beruf aber keine Perspektive, die den Lebensunterhalt sichert. Der war zwar jetzt gesichert, Seele und Selbstbewußtsein aber nahmen Schaden. Als sie dann, nach ungefähr einem Dreivierteljahr Unterbrechung, wieder die Beratungsstelle aufsuchte, habe sie gewußt, daß sich etwas ändern muß. Es war das einzige, in dem Silke sich sicher war.

Das liegt ein Jahr zurück. Der Punkt, von dem aus sie wieder allein weitermachen kann, sei längst nicht mehr so weit entfernt. Zu Beginn hatte sie mit ihrer Beraterin „viel Grundsätzliches“ besprochen; mittlerweile schmiedet sie sehr konkrete Pläne. Eine Umschulung zur Krankengymnastin würde sie sehr gern machen.

Da deren Finanzierung sich am vorherigen Verdienst orientiert, kann sich Silke den neuen Beruf momentan jedoch nicht leisten; ein erstes Vorstellungsgespräch sagte sie deshalb ab. Erst muß sie einen besser bezahlten Job finden, mindestens ein halbes Jahr arbeiten, gekündigt und arbeitslos werden und dann noch einen Ausbildungsplatz finden. „Anders geht es nicht.“ Also wird sie es so machen.

Stefanie Winter

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