: Nicht alle Träume erfüllt
■ Gesichter der Großstadt: Filmproduzent Artur Brauner feierte das 50jährige Jubiläum seiner CCC-Filmstudios. Der 77jährige arbeitet derzeit an einem weiteren Holocaust-Film
Auch für Artur „Atze“ Brauner sind nicht alle Träume in Erfüllung gegangen. Dennoch hat der wohl erfolgreichste deutsche Filmproduzent mit seiner 1946 gegründeten Central Cinema Company fast alles erreicht, was in Europa möglich ist. Am Wochenende feierte Brauner zusammen mit dem Karl- May-Archiv das 50jährige Bestehen der Studios in Spandau.
Daß ausgerechnet Karl May den Rahmen für das Jubläum bietet, sagt einiges über Brauner, sein Schaffen und die offensichtliche gegenseitige Haßliebe zwischen ihm und der deutschen Filmszene aus. Denn nicht nur seine Verfilmungen des sächsischen Kultautors, sondern sehr viele seiner Filme, mit denen er in den fünfziger und sechziger Jahren die Branche in Deutschland dominierte, haben die Anfeindungen von Kritikern und vielleicht auch von Neidern herausgefordert.
Trotzdem hat der Mann mit dem dezenten Oberlippenbärtchen fast immer mit großen Namen gearbeitet, darunter Heinz Rühmann, Sonja Ziemann und Curd Jürgens. Damit hat Brauner Millionen verdient, so daß er nun teils auf eigene Kosten die Filme drehen läßt, die ihm am Herzen liegen.
Nach dem, was Brauner über sein Werk sagt, hat man den Eindruck, er habe viele Favoriten unter den fast 400 CCC-Filmen – und das quer durch die Bank von den Unterhaltungsschinken der Fünfziger bis zu seinen ambitionierten Werken zur Aufarbeitung von Krieg und Holocaust. Den jüngst schnell und billig produzierten – und vielfach kritisierten – Film über den Berliner Tunnelcoup verteidigt er fast so vehement wie seinen Holocaust-Monumentalfilm „Von Hölle zu Hölle“, der gerade in der Schlußproduktion ist. Das Werk, das das Schicksal einer jungen jüdischen Familie in den Jahren 1938 bis 1946 in Polen nachzeichnet, ist als „Jubiläumsfilm“ gedacht.
„Ein besonders gelungener Film ist eine Rarität“, hat Brauner, der am 1. August 78 Jahre alt wird, kürzlich in einem Interview gesagt. „Das ist wie ein Kuchen, der besonders gelingt. Da haben Sie Rosinen, Hefe, Zucker, aber der Kuchen gelingt nicht immer, auch wenn Sie die gleichen Zutaten nehmen.“
Das Filmemachen lernte „Atze“ Brauner schon vor dem Zweiten Weltkrieg mit dem Dokumentarfilm „Die Schätze des Nahen Ostens“ und einem zweiten über „Das tote Meer“. Der Sohn eines jüdischen Holzhändlers aus Lodz hatte 1937 mit erst 19 Jahren an einer Expedition nach Iran teilgenommen. Doch machte auch in seinem Leben der Krieg und die Mordmaschinerie der Nazis einen Strich durch alle unbeschwerten Jugendambitionen. Auch Brauner und seine Familie kamen ins Konzentrationslager. Zum Ende des Kriegs konnte er fliehen. 1946 kam Brauner nach Berlin und schuf mit den CCC-Studios praktisch aus dem Nichts ein florierendes Unternehmen.
Die traumatischen Erlebnisse haben sein gesamtes Filmschaffen geprägt – wenn auch nicht immer in vordergründiger Weise. Schon in seinem frühen Film „Morituri“ versucht er, die Untaten der Nazis zu verarbeiten. „Ich hatte nur einen Wunsch, den Film ,Morituri‘ zu drehen, die Geschichte vom Sterben im Nazireich“, sagt Brauner dazu. „Ich setzte meinen Willen durch und ging finanziell in die Knie. Weitergearbeitet habe ich nur, um meine Schulden bezahlen zu können.“ So wechselten sich bei Brauner die populären Gute-Laune-Produktionen mit ernsten Filmen ab, mit denen er bis in die 90er Jahre hinein hierzulande fast immer baden ging. Das Frühwerk „Morituri“ wurde nach dem erfolgreichem Start in Venedig vom deutschen Publikum regelrecht ausgebuht.
Für sehr viele Filme beider Genres steckte Brauner Hiebe von der Kritik ein, so übrigens auch für seine Karl-May-Verfilmungen. Ihm wurde vorgehalten, er sei nach den ersten Kassenschlagern des Produzenten Horst Wendlandt – darunter „Der Schatz im Silbersee“ und „Winnetou“ – nur auf den Zug aufgesprungen. Mit „weniger gut gemachten Filmen“ wie „Old Shatterhand“, „Der Schut“ oder „Durchs wilde Kurdistan“ habe er sich den Boom zunutze gemacht, hieß es damals. Richtigen Streit gab es dann um den „Hitlerjungen Salomon“ von 1989, den die deutsche Oscar-Auswahlkommission 1991 nicht nominieren wollte. Brauner hielt den Deutschen daraufhin vor, sie verschlössen ihre Augen vor der Vergangenheit. Das sei nach der Vereinigung nur noch schlimmer geworden.
Beim Jubiläum der Central Cinema Company CCC am Samstag kam dagegen eine herzliche Atmosphäre auf. Kollegen und Stars feierten mit Artur Brauner und seiner Ehefrau Maria. Zur großen Gala im Palais am Tegeler See erschien die Filmprominenz in Scharen, darunter Sonja Ziemann, Klaus Maria Brandauer, Horst Buchholz und Carolin Reiber. Verena Schmitt, AP
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen