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Hübner appelliert an Bosnier

■ Sozialsenatorin ruft Kriegsflüchtlinge zur Rückkehr in ihre Heimat auf. Fachkräfte werden für den Wiederaufbau benötigt. Bislang erst 100 Rückkehrvisa ausgestellt

Sozialsenatorin Beate Hübner (CDU) hat an die bosnischen Flüchtlinge appelliert, in ihre Heimat zurückzukehren. „Das Land braucht die Solidarität der eigenen Landsleute“, erklärte Hübner am Wochenende nach der Rückkehr von einer dreitägigen Informationsreise. Vor allem Fachkräfte wie Ingenieure, Ärzte, Professoren und medizinisches Personal würden dringend benötigt. Die Flüchtlinge sollten daher „den Mut fassen, um den ersten Anfang zum Wiederaufbau zu machen“.

Die Senatorin hatte sich in der vergangenen Woche als erste Fachministerin eines Bundeslandes in Bosnien über die Bedingungen vor Ort informiert. Bei ihrer Reise nach Sarajewo und Tuzla wurde sie von der Ausländerbeauftragten des Senats, Barbara John, begleitet. Diese betonte, daß die überwiegende Mehrheit der etwa 30.000 in Berlin lebenden Flüchtlinge zur Rückkehr bereit sei.

Um die Flüchtlinge bei ihrer Rückkehr zu unterstützen, habe sie bereits zwei konkrete Aufbauprojekte in Ansätzen vereinbart, sagte Hübner. In Hadzici, einem Vorort von Sarajewo, solle ein Baustoffwerk unter anderem zur Herstellung von Dachziegeln wieder in Betrieb genomen werden. Etwa 300.000 Mark seien dafür nötig, sagte Hübner. Weltbank oder europäische Kommission sollten die Mittel zur Verfügung stellen.

Mit dem Ausbau eines Sägewerkes in Tuzla für die Produktion von Fensterrahmen und Türen könne ebenfalls ein großer Schritt getan werden. Hier liegen die Investitionskosten bei etwa 70.000 Mark. „Die Projekte sollen sofort in die Wege geleitet werden und im Frühherbst starten“, sagte die Senatorin. Der Berliner Senat werde in etwa die durch die Rückkehr von Flüchtlingen eingesparten Mittel dafür einbringen.

Mit Hilfe dieser zwei Projekte könnten im ersten Anlauf in Hadzici 200 Flüchtlinge, in Tuzla 100 bis 150 wieder eine neue Heimat finden. Um den Rückkehrwilligen Wohnraum zu garantieren, sollten zudem in Berlin nicht mehr benötigte Wohncontainer nach Tuzla gebracht werden. Die Zustände in Bosnien seien unvorstellbar. „In einer Vorschule leben auf etwa 150 Quadratmetern 136 Flüchtlinge“, sagte Hübner. Wegen des „akuten Mangel“ an Wohnraum gestalte sich auch die Heimkehr von Flüchtlingen in sichere Gebiete „sehr schwierig“, räumte sie ein.

Die Sozialsenatorin forderte die anderen Bundesländer auf, Hilfsprojekte abzusprechen und zu koordinieren. Sie wies zudem darauf hin, daß in Frankfurt/Main oder Bonn in Kürze ein Beratungsbüro der Föderationsregierung eröffnet werde. Nach Angaben der Ausländerbeauftragten John haben die Berliner Ausländerbehörden bislang etwa 450 Berechtigungen für visafreie Orientierungsreisen und 100 für endgültige Rückkehrer ausgegeben. In Berlin leben derzeit rund 30.000 Bosnier und 3.000 weitere Flüchtlinge aus dem ehemaligen Jugoslawien. dpa/epd/taz

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