: Wasserflöhe hüten das Trinkwasser
■ Neue Meßstation kontrolliert die Wassergüte der Bille
„Wenn einer in Bergedorf sein Auto auf der Straße wäscht oder Altöl in den Gully kippt, dann merken wir das hier“, drohte Umweltsenator Vahrenholt gestern bei der Inbetriebnahme der neuen Wassergütemeßstation an der Bille. Da in Bergedorf Regen- und Abwassersiele im Gegensatz zu Hamburg getrennt sind, fließen Seifenlauge und illegal verklapptes Altöl über die Siele direkt in die Bille.
Und dort werden sie seit gestern von einer Meßstation erfaßt. Idyllisch untergebracht im 100 Jahre alten Wehrwärterhäuschen registriert die HighTech-Anlage laufend den Zustand der Oberen Bille, die hier am Serrahnwehr endet. Die computergesteuerte Station, die 350.000 Mark gekostet hat, enthält neben einem Öldetektor ein biologisches Frühwarnsystem – Wasserflöhe, die auf Giftstoffe, besonders auf Schädlingsbekämpfungsmittel (Insektizide) empfindlich reagieren. Sie schwimmen in einem Mini-Aquarium, durch das ständig Bille-Wasser gepumpt wird. Jedesmal, wenn ein empfindlicher Kleinkrebs die eingebaute Lichtschranke durchquert, wird ein Impuls ausgelöst. „Genau wie wir hier in Bewegung geraten würden, wenn einer eine Stinkbombe in die Station schmeißen würde, geraten die Wasserflöhe in Hektik, wenn giftige Stoffe im Wasser sind“, erklärt Ingenieur Werner Blohm, der die Gewässermeßstationen entwickelt hat. Die Impulse kann Blohm an seinem PC in der Umweltbehörde direkt verfolgen und gegebenenfalls Alarm auslösen.
Dann können die Hamburger Wasserwerke (HWW) die Entnahme von Billewasser, das in die Gräben des Wassergewinnungsgebietes Curslack geleitet wird, sofort stoppen. „Etwas verkürzt ausgedrückt schützen die Wasserflöhe die Trinkwassergewinnung in Curslack“, so Vahrenholt. Ein wichtiger Job, denn Schadstoffe aus der Bille kommen in Curslack innerhalb weniger Tage in 20 Meter Tiefe an, wo die HWW das Trinkwasser abzapfen.
„Angst haben wir vor Belastungen durch Pestizide aus der Landwirtschaft am Oberlauf“, sagt Dr. Peter Friesel, Leiter des Amtes für Umweltschutz. Eine weitere Gefahr sind die Regenwassersiele. Besonders nach starken Regenfällen werden von den Straßen, sozusagen als Abwasser des Autoverkehrs, soviel Blei, Cadmium und polycyclische aromatische Kohlenwasserstoffe ins Gewässer geschwemmt, daß die Giftkonzentrationen für Fische tödlich sind. Vera Stadie
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