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Haariger Mutterkuchen

■ „the otherness“ in der städtischen Galerie im Buntentor: Sieben Künstlerinnen suchen im Fremden das eigene Ich

Sieben Künstlerinnen, versammelt unter dem Ausstellungstitel„the otherness“: dies ist keineswegs eine feministischeAusstellung, in der die „Andersartigkeit“ der Frauen zum Thema gemacht wird, wie die Beteiligten mit Nachdruck betonen. Programm ist hier vielmehr die Andersartigkeit fremder Kulturen, in die jede der ausstellenden Künstlerinnen für einen längeren Zeitraum eingetaucht ist, um neue Sichtweisen und Anregungen für die eigene Kunstproduktion zu gewinnen. Da hat sich etwa die im katholischen Burgbrohl bei Maria Laach geborene Gerlinde Salentin nach Indien und Nepal begeben, um sich von den dortigen religiösen Opferritualen zu einer Verarbeitung der eigenen, stark religiös geprägten Herkunft inspirieren zu lassen. Das Resultat: schreinartige Schränke, die mit Votivgaben bestückt sind, z.B. mit Kröten als Symbolen der Gebärmutter oder mit Wachsbrüsten, die für weibliche Fruchtbarkeit stehen.

Geht es also doch um das „Anderssein“ der Frauen? „Wenn, dann höchstens im Sinne einer nicht wegzudiskutierenden Realität, aber nicht als explizites Thema“, so die ebenfalls beteiligte Künstlerin Doris Halfmann. Angesichts der auffälligen Häufung von Materialien wie Stoffdecken, Wachs oder Eiern und von Bildmotiven wie Tischdecken, Küchenschürzen, Blumen und einem „Mutterkuchen“ aus Haar, welche die Ausstellung kennzeichnen, räumt sie ein, daß sich den Künstlerinnen nach dem Aufbau ein solchermaßen weiblicher Aspekt dann doch aufgedrängt hat, obwohl sie ihn keineswegs intendierten.

Ganz anders als die nicht allzu überzeugende Gerlinde Salentin zeigt sich denn auch z.B. die taiwanesische Künstlerin Mali Wu. In der Fotoserie „archives“, die allein schon einen Ausstellungsbesuch lohnt, präsentiert sie einen ungewohnten Blick auf die deutsche Geschichte in Form von Kinderbildern, auf denen Bertolt Brecht, Willy Brandt, Petra Kelly, Adolf Hitler, Rainer Werner Fassbinder, Wilhelm II. und - sarkastischer Kommentar zum „Anschluß Österreichs“ durch die Nazis? - der Wiener Ludwig Wittgenstein zu sehen sind. Herausragend an dieser kontrastreichen Ahnengalerie sind zweifellos die Portraits von Faßbinder als struppig-frecher Junge mit Zauberer-Hut und von Wilhelm II., der - im Vorgriff auf seine spätere Kriegsflotten-Begeisterung in einem hölzernen Schiffsmodell namens „Fortuna“ posiert.Einen völlig anderen Blick auf fremde Länder zeigt Doris Halfmann: In einem für Reykjavik geschaffenen Objekt hat sie 3142 Eier in Form der Insel Island an einzelnen Fäden aufgehängt. Leider ist von diesem Objekt, das die Unberührtheit und Zivilisationsentrücktheit der als Vogelparadies geltenden Insel symbolisiert, in Bremen nur ein Modell zu sehen. Das aber besteht immerhin noch aus 420 hoch in den Raum gehängten Eiern, die faszinierend leicht hin- und herschwingen, wenn man sich drunterstellt. In einem weiteren Objekt hat sie sich von den ausgewaschenen Felsformationen der bretonischen Küste inspirieren lassen, deren Formen sie an frühe Eindrücke als pferdebegeistertes Mädchen erinnerten, nämlich an die Salzlecksteine in den Ställen. Also hat sie 60 Salzsteine in verschiedene Pferdeställe gehängt und von den Tieren ein halbes Jahr belecken lassen. Das bizarr geformte Ergebnis liegt jetzt als salzige Landschaft aus „Zeitkristallen“ in der Städtischen Galerie.

Sehenswert in der kontrastreich gehängten Ausstellung sind zudem die Käfigobjekte aus Metallgittern und Stoff, mit denen die Belgierin Berlinde de Bruyckere heimelige Schneckenhäuser als Orte der Selbstbehauptung gegen die Erfahrung der Fremdheit setzt, sowie einige der architektonischen Skulpturen von Uschi Motte oder die sich kaum von der Wand abhebende Küchenschürze mit Silikonborte der Isländerin Sigridur Hrafnkelsdottir.

Und falls sich jemand wundert, daß in der Ausstellung ganz andere Werke zu sehen sind als im Katalog: Auch dies gehört zum Konzept. Schließlich geht es in der als Wanderausstellung konzipierten Schau, die vorher in Essen und Remscheid gezeigt wurde, um „the otherness“, um das Andere- und dessen Wesen besteht eben im beständigen Ändern, wie man spätestens seit Heidegger weiß.

Moritz Wecker

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