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Zugereist - betr.: "Tödliche Begierde", taz vom 15.8.1996, "Filmreifer GALischer Filmriß" und "Feiges Feigenblatt", taz vom 20.8.1996

Liebe Leute, die taz beschwört in ihrer Berichterstattung und ihren Kommentaren zum Ausbau der Zeise-Kinos wieder einmal den Untergang des „charmanten“ Ottensen. Wie oft haben wir das seit den frühen 70er Jahren gehört oder selbst behauptet – die Eingeborenen und die türkischen Zugereisten blieben davon seltsam unberührt, für die deutschen Zugereisten und erst Recht alle journalistisch Betrachtenden, ist dieser Ruf aber ein notwendiges Initiationsritual. Vielleicht schreibt jemand mal eine Geschichte Ottensens nach dem Schema: Wie oft ist es nicht untergegangen (z.B. beim Mercado-Bau).

In der Auseinandersetzung um die neuen Kinoplätze darf man zwei Sitzplätze nicht verwechseln: den im Kino und den im Auto. Dagegen, daß Leute gerne im Kino sitzen, hat wohl niemand was. Es gibt deswegen kaum mehr Schadstoffe, mehr Lärm oder mehr Unfälle.

Ob die Leute aber zu Fuß, mit dem Rad, mit Bus und Bahn oder mit dem eigenen Auto ins Kino gehen oder fahren, ist eine Frage der Verkehrspolitik. Wer wünscht, daß möglichst wenig Autos fahren, muß schlicht und einfach die Zahl der für Kinobesucher verfügbaren Parkplätze klein halten. Also: Drastische Reduzierung der Stellplätze (wie z.B. beim Kinoneubau am Dammtor), keine großen Tiefgaragen und ein streng reguliertes Anwohnerparkrecht. Dann wird Ottensen samt Kinos auch in und nach der Autozeit weiterleben. Oder sollten wir aus Angst vor den Autos auf Verkehrspolitik und auf städtisches Leben verzichten? Mit freundlichen Grüßen,

Dr. Martin Schmidt, GAL-MdBü.

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