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Ein schöner Schluß

■ Der Karlsruher SC erreicht mit einem 3:1 gegen Standard Lüttich den UEFA-Cup und rettet so sein Zukunftskonzept

Karlsruhe (taz) – Mit der Dramatik ist das so eine Sache. Ein gutes Stück darf nicht zuviel von ihr haben, sonst wirkt es kitschig, es darf nicht zuwenig haben, sonst kommt Langeweile auf, und es muß einen passenden Schluß haben, sonst bleibt es in schlechter Erinnerung. Schon kapiert? Wir schreiben hier über Fußball, na ja, wenigstens über dieses eine Spiel, das vom Dienstag, jenes, in dem der Karlsruher SC und Standard Lüttich gegeneinander spielten. Es war nicht langweilig, nicht kitschig und vor allem mit einem Schluß, der im Badischen dank des UEFA- Cup-qualifizierenden Erfolgs in bester Erinnerung bleiben wird.

Zwölf Minuten vor Ende war der KSC noch zwei Tore – Häßler per Elfmeter und Lawaree hatten bis dahin zum 1:1 getroffen – von seinem Traumziel entfernt. Doch dann, glaubte Torhüter Claus Reitmaier hinterher, wäre „der liebe Gott“ eingeschritten und hätte geholfen. Und zehn Minuten später hatten die eingewechselten Bender und Schroth das Wunder vollbracht: 3:1 gewonnen das UI-Cup- Final-Rückspiel gegen die Belgier, 0:1 verloren nur das Hinspiel. Ergibt nach Adam Riese und Eva Zwerg die Teilnahme am UEFA- Cup für die Karlsruher, die am Freitag nun nach Genf fliegen, zur Auslosung der ersten Runde im sehnsuchtsvoll erhofften internationalen Geschäft.

Geflogen sind auch drei Kicker von Standard, allerdings nur vom Platz. Bisconti, Ernst und Hellers erregten sich derart über das 3:1, daß sie dafür rot sahen. Der schwedische Schiedsrichter Anders Frisk hatte nach einem Handspiel von De Conde so lange Vorteil gelten lassen, bis Schroth zur Stelle war.

KSC-Trainer Winfried Schäfer hatte solcherlei schon gar nicht mehr so richtig mitbekommen. Nach dem Handspiel hatte er sich bereits abgedreht, „nur noch auf den Elfmeterpfiff gewartet“. Der blieb aus, dafür gab es unglaublichen Torjubel – und fallende Zentnerlasten bei allen KSClern.

Denn auch für Schäfer ist der Flug nach Genf von eminenter Bedeutung. In der jüngsten Vergangenheit war seine Philosophie vom ehrlichen Fußball, bei dem hart gearbeitet werden muß, nicht immer erfolgreich. Mehr noch, in der Fankurve mochte es sich so mancher nicht mehr anhören, wenn der wilde Winnie seine Leier vom „KSC, der begeistern muß“ immer und immer wiederholte – und dann versagte die Mannschaft bei wichtigen Spielen kläglich.

Nein, diesmal haben sie, der Schäferschen Fußball-Maxime folgend, geackert und gerackert – und vor allem gewonnen. „Wichtig ist“, hat der Trainer nach dem Sieg referiert, „daß meine Mannschaft diese wichtigen Spiele immer wieder erreicht, immer wieder aufsteht und nicht liegen bleibt“. Endlich hätte man „das Verliererimage abgelegt“, atmete Schäfer sichtbar durch.

Wichtig für den KSC werden auch die Milliönchen sein, die die Teilnahme am UEFA-Cup verspricht. Das neue Jahrtausend steht vor der Tür, und die Visionen für das Jahr 2000 hat der KSC schon vor zwei Jahren ganz unbescheiden entworfen. Nun können sie weiter verfolgt werden, zum Beispiel durch die längerfristige Verpflichtung von Welt- und Europameister Thomas Häßler. „Dieser Sieg war für alle wichtig, nicht nur für mich“, hat der 30jährige nach der Partie sibyllinisch gesagt. Ein wahrlich schöner Schluß. Frank Ketterer

Standard Lüttich: Maes - Jaskulski - De Buschere, Amilton (46. Sousa Campos/75. Edmilson) - Ernst, De Conde, Hellers, Bisconti, Schepers - Lawaree, Goossens (81. Kubica)

Tore: 1:0 Häßler (37./Foulelfmeter), 1:1 Lawaree (61.), 2:1 Bender (79.), 3:1 Schroth (88.)

Zuschauer: 22.500. Rote Karten: De Conde (88.) wegen Handspiels, Ernst (90.) und Hellers (90.) wegen Meckerns

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