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Kein Interesse an Pressefreiheit

■ Harte Kritik gegen Durchsuchungen von vier Bremer Redaktionen. CDU-Chef fordert Kopf des Staatsanwalts

Bremen (taz) – Mit den Durchsuchungen von vier Bremer Redaktionen, darunter der taz, haben sich die Staatsanwaltschaft der Hansestadt und sein Vorgesetzter, Bürgermeister Henning Scherf, scharfen Protest eingefangen. Sowohl der Deutsche Presserat als auch der Bundesverband der Deutschen Zeitungsverleger kritisierten die morgendlichen Rollkommandos. In Bremen selbst haben sie eine mittlere Krise innerhalb der Großen Koalition aus SPD und CDU verursacht. Bernd Neumann, CDU-Landesvorsitzender und stellvertretender medienpolitischer Sprecher der Bundes- CDU, hat gestern die Entlassung des Generalstaatsanwalts Hans Janknecht gefordert: „Justizsenator Scherf muß Konsequenzen veranlassen.“ Die Durchsuchungen seien „ein Skandal ersten Ranges“. Das sei ein Schnellschuß von Neumann, kommentierte Scherf-Stellvertreter Michael Göbel. Immerhin seien die Durchsuchungen auf einen richterlichen Beschluß zurückgegangen.

Staatsanwaltschaft und Polizei hatten vier Redaktionen und drei Privatwohnungen von Journalisten durchwühlt, weil sie ein internes Behördenpapier suchten, um aus der kriminaltechnischen Untersuchung die undichte Stelle im öffentlichen Dienst ausfindig machen zu können. Das Papier habe nicht weitergegeben werden dürfen. Die Staatsaktion stelle „einen neuerlichen gravierenden Verstoß gegen den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit der Mittel dar“, wetterte der Deutsche Presserat. Die Justiz wolle offensichtlich „Medien als Handlanger von Polizei und Staatsanwaltschaft bei Ermittlungsverfahren mißbrauchen“. Die Aktion zeige, welchen geringen Stellenwert die Staatsanwaltschaften dem Grundrecht der Pressefreiheit einräumten, schäumte auch der Bundesverband Deutscher Zeitungsverleger. Hermann Meyn, der Vorsitzende des Deutschen Journalisten-Verbands kritisierte: „Der Schutz der Obrigkeit ist den Justizbehörden offensichtlich wichtiger als der Schutz der Pressefreiheit.“ Der Bundestag müsse dringend das Zeugnisverweigerungsrecht von JournalistInnen ausweiten. Bremen sei kein Einzelfall, meinte die IG Medien. Die „staatliche Willkür gegenüber Rundfunk und Presse“ nehme gefährlich zu. Es sei vollkommen unverständlich, daß der Justizsenator und Präsident des Senats, Henning Scherf, jede Stellungnahme abgelehnt habe. Auch gestern hat Henning Scherf geschwiegen. Spekulationen, nach denen Scherf im voraus von der Aktion informiert worden sei, wurden gestern noch einmal dementiert. Scherf und das Justizressort seien erst von der Aktion informiert worden, als die Polizei schon angerückt war. J.G.

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