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Wahlen in Frage gestellt

■ Bosniens Regierungspartei SDA ruft Briefwähler im Ausland zum Boykott auf

Genf (taz) – Die Partei des bosnischen Präsidenten Alija Izetbegović hat gestern rund 640.000 Wähler im Ausland aufgerufen, vorerst ihre Stimme nicht mehr abzugeben. Die muslimische SDA erklärte in Sarajevo, man warte zuerst auf „Klarstellungen“ von seiten der OSZE. Der Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa warf die SDA vor, Tausende von wahlberechtigten Bosniern nicht registriert zu haben. Nach der Verschiebung der bosnischen Kommunalwahlen vom 14. September auf das kommende Frühjahr durch die OSZE sind jetzt auch die Urnengänge für die Parlamente und Exekutiven Gesamtbosniens in Frage gestellt.

Von gestern bis zum Sonntag sollte die Briefwahl erfolgen. Auch bei der OSZE-Vertretung in Bonn waren gestern erste Briefwahlunterlagen eingetroffen. Die SDA reklamiert, daß sich etwa in Deutschland rund 30.000 sowie in Österreich etwa 7.500 bosnische Flüchtlinge nicht für die Wahlen registrieren durften, weil sie ihren Vorkriegswohnsitz nicht nachweisen konnten. Bei diesen Flüchtlingen handelt es sich um ehemalige Insassen der serbischen Internierungslager in Bosnien, denen die Serben seinerzeit alle Personalpapiere abgenommen hatten. Nach ihrer Freilassung und Flucht in westeuropäische Aufnahmeländer erhielten sie von den dortigen Botschaften Bosniens behelfsmäßige Ausweise. Nach Angaben des bosnischen Botschafters in Bonn Enver Ajanović leben in Deutschland neben rund 320.000 Flüchtlingen weitere rund 200.000 bosnische GastarbeiterInnen. Von diesen 500.000 Menschen befänden sich zwar 320.000 im wahlberechtigten Alter, bis zum Ablauf der von der OSZE festgesetzten Frist seien jedoch nur 128.000 für die Wahlen registriert worden, erklärte der Botschafter. Andreas Zumach

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