Verseuchte und versiegelte Böden

■ Die Bundesregierung laboriert seit Jahren an einem Bodenschutzgesetz. Versiegelung wird nicht gestoppt

Bodenschutz in einem Industrieland wie der Bundesrepublik ist vor allem deswegen so schwierig, weil alle ökologischen Sünden der vergangenen 150 Jahre irgendwann mal im Boden angekommen sind. Dort sammeln sich die schwervergänglichen Gifte aus Schornsteinen und Giftspritzen. Die Konsequenz: Wenn man den Gesundheitsschutz ernst und buchstäblich nähme, müßten ganze Industrieregionen an Rhein, Ruhr und Sachsen zur gemüseanbaufreien Zone erklärt werden.

Weil das den BürgerInnen, die Erholung in ihrem Garten suchen, kaum klarzumachen ist und weil das Eingeständnis umweltpolitischen Versagens noch nie populär war, versuchen Bund und Länder seit Jahren, sich um ebendiese Konsequenz zu drücken. Da wird auf der einen Seite die Notwendigkeit eines Bodenschutzgesetzes betont. Im März 1996 legte Bundesumweltministerin Angela Merkel (CDU) den inzwischen siebten Entwurf eines Gesetzes vor. In Kraft getreten ist ein solches Gesetz auf Bundesebene bisher nicht.

Auf der anderen Seite werden die Grenzwerte für die erlaubte Belastung des Bodens zum Beispiel mit Dioxinen so festgesetzt, daß die Warnung vor dem eigenen Gemüse vermieden werden kann.

Besonders der ehemalige SPD- Umweltminister von Nordrhein- Westfalen, Klaus Matthiessen, hat sich als Gegner strenger Grenzwerte im Bodenschutz einen Namen gemacht. Das Bundesgesundheitsamt hatte 1991 einen Grenzwert von 5 Nanogramm Dioxin TE pro Kilo Boden verlangt. Vor allem auf Matthiessens Druck einigte man sich auf 40 Nanogramm.

Neben der Verseuchung der Böden ist in Deutschland die zunehmende Versiegelung das Problem. Die Versiegelung von Böden durch Straßen und Wege ist aber nicht Thema des Bodenschutzgesetzes, das Merkel plant. Für den Verkehrswegebau bleibt der Verkehrsminister zuständig. Und der wollte sich von den Bodenschützern nicht hineinreden lassen. Hermann-J. Tenhagen