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■ Das PortraitVerblaßter Held Albert Zafy

Als er im März 1993 sein Amt als Präsident des Inselstaates Madagaskar im Indischen Ozean antrat, galt er als Volksheld. Nun tritt Albert Zafy ab – in allgemeiner Gleichgültigkeit.

Noch Anfang der 90er Jahre war Zafy eine Glanzfigur in der madegassischen Demokratiebewegung. 1991 entlud sich der Unmut der Madegassen über Verarmung und Korruption nach Jahrzehnten sozialistischer Militärdiktatur in einem Volksaufstand. Es entstand ein buntes Oppositionsbündnis aus Christen und enttäuschten Marxisten, das sich als Kompromiß den unpolitischen 63jährigen Herzchirurgen Zafy zum Führer wählte. Im Herbst 1991 rief Zafy eine Gegenregierung aus. Diktator Didier Ratsiraka mußte in freie Wahlen einwilligen. Die gewann Zafy, der „Mann mit dem Strohhut“.

Aber Madagaskar war pleite, da Ratsiraka in seinen 18 Jahren Herrschaft angeblich 21,6 Milliarden Dollar ins Ausland verschoben hatte. Liberale Strukturanpassungsprogramme paßten der neuen Regierung nicht. Zafy wandte sich der sogenannten Parallelfinanzierung zu: Finanzhaie versprachen Madagaskar Geld und nahmen von der Zentralbank Schuldscheine im Wert von insgesamt fünf Milliarden Dollar entgegen. Das Geld kam nie an, und die Regierung konnte nichts tun, weil ihre Partner Phantasieadressen wie „Vorstand der Vereinten Nationen von Amerika“ angegeben hatten und das auf Madagaskar niemand gemerkt hatte.

Als es letztes Jahr doch jemand merkte, begann der interne Machtkampf. Zafy sagte, der Premierminister sei schuld. Parlamentspräsident Richard Adriamanjato schimpfte, die Weltbank sei schuld, und Zafy sei ein Schwächling. Vor sechs Wochen enthob das Parlament den Präsidenten seines Amtes. Begründung: Zafy habe die Verfassung mißbraucht. Der schlug zurück: Adriamanjato sei in Giftmüllgeschäfte verwickelt. Der Streit ging vor das Verfassungsgericht. Das gab am Donnerstag dem Parlament recht.

Der Präsident, geübter Volkstribun, ist der Amtsenthebung nun mit der eigenen Rücktrittsankündigung zum 10.Oktober zuvorgekommen. Nun kann er sich auf die Wahlen 1998 vorbereiten, die eine Neuauflage des Duells von 1993 werden könnten: Zafy gegen Ratsiraka. Nur wäre dann nicht Ratsiraka, sondern Zafy der Gescheiterte. Dominic Johnson

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