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Ökosärge aus Papier drängen auf den Markt

■ Bestattungsunternehmer wird trotz Erfolgs von der Branche ausgeschlossen

Waldshut-Tiengen (taz) – Die Särge des Bestattungsunternehmers Manfred Indlekofer sind anders als andere Särge. Er macht sie aus 60 Prozent Recyclingmaterial und 40 Prozent Rohzellulose. Manchmal benutzt er das Wort „Ökosarg“, um sein beim Patentamt geschütztes System zu beschreiben. Aber jedesmal, wenn er Ökosarg gesagt hat, zuckt er zurück. „Umweltschutzsarg ist besser, Bestattungen sind ein sensibler Bereich, da muß man mit Worten vorsichtig sein. Jede Formulierung ist heikel.“

Eigentlich, das bestätigt er nur widerstrebend, ist sein Sarg aus Karton. „Für einen normalen Sarg braucht man mehr als fünf Quadratmeter Holz, eine Verschwendung, wir brauchen unsere Wälder für den Sauerstoff.“ Indlekofers Ökosarg wird in eine immer wieder verwendete hölzerne Schmucktruhe gelegt, so daß im Leichenschauhaus keine Unterschiede zu anderen Holzsärgen zu sehen sind. Wird die Leiche dann verbrannt, kommt nur der Innensarg mit ins Feuer.

Gerade hat er sein nächstes Patent angemeldet. „Einen Ökosarg auch für Erdbestattungen, also ein Umweltschutzsarg, der ins Grab gelassen werden kann.“ Ab nächstem Jahr soll der zum Einsatz kommen. Indlekofer, in dessen Firma Frau und Tochter, dazu Rentner und Gelegenheitsarbeiter „ein bißchen mithelfen“, sucht zur Zeit Franchise-Nehmer in ganz Deutschland. „Das System ist umweltschonend und sehr billig. Wir würden hier die Sargteile produzieren und ausliefern.“

Etwa 880 Mark koste ein Ökosarg, mehr als 2.000 Mark muß man normalerweise mindestens für einen Sarg zahlen. Zu Indlekofers Franchise-Werbematerial gehört ein Blatt mit der Anleitung zum Zusammenbau des Sarges. Es sieht den Anleitungen der Post für die gelben Päckchen sehr ähnlich. „Geht ganz einfach“, sagt der Bestatter. Für die Erfindung bekam er vom Landkreis Waldshut vor kurzem den Umweltschutzpreis.

Daß sein patentierter Sarg Beerdigungen billiger macht, sei für ihn als Franchise-Geber noch ein Nachteil. Denn: „Es gilt im Bestattergewerbe als pietätlos, mit Preisen zu werben, der Verband verbietet das.“ Mit der Branche in der Umgebung hat Indlekofer deshalb Probleme. Man habe ihn nicht in den Berufsverband aufgenommen, es habe Leserbrief- und Flüsterkampagnen gegen ihn gegeben, er wurde abgemahnt, andere Bestatter wechseln mit ihm kein Wort.

„Ich habe mit dem Umweltschutzsarg den anderen Bestattern sozusagen den Markt kaputt gemacht.“ Seit drei Jahren hat der 45jährige Kartonsärge, fast 500 Tote hat er darin bestattet, etwa 440.000 Mark umgesetzt. Da er auf Wunsch auch in herkömmlichen Särgen bestattet, komme er auf jährlich 170 bis 180 Bestattungen.

Wie reagieren die Angehörigen auf Umweltschutzsärge? „Die nehmen das alle gut auf.“ Vor allem jüngere Leute fänden die Idee gut. Wichtig sei aber, daß der Kartonsarg aussehe wie Holz, deshalb beschichtet Indlekofer. „Wir sind zwar billiger, aber es darf auf keinen Fall billiger aussehen. Wir holen die Toten im schwarzen Auto, an Ausstattung und Blumen wird nicht gespart.“ Christian Litz

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