„Die Trainerfrage stellt sich nicht“

■ HSV scheitert an eigener Unfähigkeit und verliert zu Hause rufschädigend 1:2 gegen Freiburg / St. Pauli ist guter Hoffnung

Die Hoffnung des HSV-Trainers Benno Möhlmann auf ein Remis gegen die Rasenschachvirtuosen aus dem Schwabenländle hat sich nicht erfüllt. Nach zuletzt vier Unentschieden setzte es nun eine weitere bittere Pille – mit 1:2 verloren die HSV-Profis zu Hause gegen den SC Freiburg. Und Trainer Benno Möhlmann ist mit seinem Latein ziemlich am Ende.

Den Breisgau-Brasilianern eine abgebrühte, spielerisch erstklassige Leistung zu bescheinigen, wäre übertrieben. „Gerade in der zweiten Halbzeit habe ich schon bessere Spiele meiner Mannschaft gesehen,“ so Freiburgs Turnschuhdandy und Trainer Volker Finke. Recht gesprochen: Der HSV scheiterte nicht an einem übermächtigen Gegner, sondern an seiner eigenen Unfähigkeit. Da muß dann unerbittlich die Psychologie zu Rate gezogen werden. Und siehe da, man kommt zu abgründigen Erkenntnissen: Den Spielern fehlt das Selbstvertrauen, die Nerven liegen blank, keiner will auf dem Rasen Verantwortung übernehmen. Resultat ist ein Mangel an geistiger Frische. Den Psychologismus fortführend, bestimmt eben die geistige Verfassung das Sein: Und somit waren die Schwaben oft den berühmten Tick schneller am Leder. Vor allem Uwe Spieß, der nach Deckungs- bzw. Abspielfehlern gleich zweimal erfolgreich war.

Dessen ungeachtet ist eines sicher: Die Medienschelte wird in der nächsten Woche auf Möhlmann nur so einprasseln. Wirft man ihm taktische Fehler vor, ist dies nicht ganz unbegründet: Kindvall – eigentlich Stürmer – war als Abfangjäger für den starken Heinrich überfordert, Letschkow als Linksaußen ist weiterhin indisponiert und Bomber Albertz ist kein Mann für das zentrale Mittelfeld. Trotzdem heuchelt die Vereinsführung nach nur einem Sieg aus den letzten dreizehn Spielen – wie es sich geziemt – weiterhin grenzenloses Vertrauen in ihren Chefcoach vor. Lakonisch Vizepräsident Schümann: „Die Trainerfrage stellt sich nicht.“

Dagegen hat der FC St. Pauli die Spielkultur zwar auch nicht mit Löffeln gefressen; doch die Millerntor-Elf macht sich noch berechtigte Hoffnungen auf den Aufstieg in die Eliteklasse. Hergenommen nicht aus dem Vertrauen in die Kunst des Balltretens, sondern geschuldet wohl eher der pragmatischen Einsicht, daß die anderen ja auch nicht besser sind. Nun beklagen, wie im Hamburger Abendblatt zu lesen, viele Profis derzeit eine gewisse Müdigkeit. Der Kunst des filigranen Kurzpaßspiels überdrüssig geworden? Oder ganz einfach von der Frühjahrsmüdigkeit erwischt? Oder sind es präventive Rückzugsgefechte, wenn der Aufstieg dann doch nicht gelingen sollte? Auf jeden Fall fallen – nicht wegen Müdigkeit – Gronau, möglicherweise auch Dieter Schlindwein und Torsten Fröhling für das Spiel am Sonntag in Wattenscheid (15 Uhr) aus. Kai Mierow