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Keine schlußendliche Ehrlichkeit

■ Das Krimi-Duo Klugmann/Mathews liest heute aus „Vorübergehend verstorben“

Ein Krimi ohne Verbrechen? Sie bewegt monatlich 20 Millionen Mark und verdient dabei 18.000 Mark an Provision. Es gehört zu ihren Aufgaben, Konten zu eröffnen, Überweisungen durchzuführen und Aktien zu kaufen. Kurz: Sie bekommt viel Geld für vergleichsweise wenig Arbeit. Eine verlockende Tätigkeit? Die Anwältin Luise Rubato hat schon lange auf eine solche Gelegenheit gewartet. Sie glaubt, daß alles legal ist. Und sie macht die Transaktionen weiter, obwohl ihr ehrenwerter Sozius Almquist die Katze aus dem Sack gelassen hat. Wortgewandt formuliert der, daß es egal sei, wenn in Containern etwas anderes sei, als in den Papieren stünde, solange der Empfänger mit dem wahren Inhalt zufrieden sei. Also doch ein Verbrechen – mit Tatort Hamburg.

Nach wenigen Monaten im Finanzgeschäft und einer Nacht mit ihrem Auftraggeber Delacorta sind für Luise die Pflichtmandanten – meist Sozialfälle – und auch der betrogene Teppichkäufer nur noch „Peanuts“. Die Vokabel klingt authentisch nach oberem Finanzmanagement. Luise bleibt eine Frau mit Herz und sehr viel Gefühl. Ihr Versuch, einen jungen Kurden aus der Untersuchungshaft zu holen, den die Polizei für einen Heroindealer hält, wird nicht besser bezahlt als die Arbeit für jeden anderen Pflichtmandanten. Der Kurde wird überfahren, doch der Anschlag galt ihr.

Eigentlich läuft in diesem Buch nichts geradlinig, immer kommt ein unerwarteter Zwischenfall. Das Autorenduo hält sich an altbewährte Methoden des Kriminalromans. Parallele Handlungsstränge werden kapitelweise eingeblendet und fortgesetzt; ständig gibt es neue Rätsel und die Ich-Erzählerin kommentiert und reflektiert sich und ihre Umwelt intelligent und bissig. Sie arbeitet mit der Polizei nur dann zusammen, wenn sie einen Vorteil davon hat. Und trotzdem: Luise ist kein Übermensch. Je mehr sie in Schwierigkeiten gerät, desto weniger spöttisch wird sie gegen ihre Umwelt.

Die Komposition des Buches ist wohldurchdacht. Die anfangs gesicherte Ahnung eines Verbrechens – eigentlich keine sehr gute Basis für einen Kriminalroman – wird zu einem überaus spannenden Handlungsablauf ausgebaut. Ein zusätzlicher Spannungsbogen. Die Szenen sind selten kitschig und durchweg realistisch.

Derweil bringt Luise mehrere Männer, einen Sohn, ihre Kanzlei und das Große Geschäft unter. Das geht nicht immer sanft ab und vor allem nicht lange gut. Weil sie den Tod sehr ernst nimmt, entschließt sie sich, zu sterben. Erst danach fängt für sie das Leben so richtig an. Luise hält nämlich nichts von der schlußendlichen Ehrlichkeit, wegen der Protagonisten so häufig leer ausgehen, und sorgt damit garantiert noch für weitere Überraschungen. Ralf E. Werner

Norbert Klugmann/Peter Mathews: Vorübergehend verstorben, Wunderlich Verlag, 1996, 336 Seiten, 36 Mark

Lesung: heute abend, Buchhaus Weiland-Altona, Mercado, 19.30 Uhr

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