: Maroc ade, ne!
■ Vergeblich wird versucht, die Einfuhr von Drogen nach Europa zu unterbinden
Notstand in Berlin und Hamburg: Marokkanisches Hasch war im August kaum zu haben. Das ist merkwürdig, registrierten doch spanische Pollenflugstationen noch letztes Jahr eine Superernte in dem nordafrikanischen Land – nicht nur was die Mengen, sondern auch was den THC-Gehalt anging. Der Grund für die Flaute: Die US- Amerikaner sollen Druck auf die Spanier ausgeübt haben, ihre Seegrenze besser zu bewachen.
Frankreich setzt Marokko zunehmend unter Druck
Seit Ende vergangenen Jahres drängen die Franzosen den marokkanischen König Hassan II., den Haschischanbau binnen weniger Jahre zu beenden. Vor kurzem wurde eine große Anti-Hanf- Kampagne in Marokko gestartet, und Urlauber berichten von strengen Grenzkontrollen. Daß Hassan II. auf Marokkos Hauptexportartikel ganz verzichten wird, ist aber kaum vorstellbar.
Noch 1994 war das Haschisch für ein Drittel der Ausfuhreinnahmen des Landes verantwortlich. Auf einer Fläche von 75.000 Hektar wurde in Marokko Hanf im Wert von geschätzten zwei Milliarden Dollar für die Haschproduktion angebaut. Das machte das nordafrikanische Land zum weltweit größten Haschischproduzenten. Nach dem Rauschgift-Jahresbericht des Bundeskriminalamtes von 1994 stammt rund die Hälfte des in Europa sichergestellten Haschischs aus Marokko, die UNO spricht gar von 70 Prozent.
Sollte Marokko doch eine Trendwende einleiten, würden sich die Drogenwege in Europa nachhaltig ändern. Bislang gelangten die afrikanischen Cannabislieferungen hauptsächlich über Spanien oder Südfrankreich nach Europa. Von den Beneluxstaaten werden die Harzplatten dann nach Deutschland verschickt. Aber auch der Seeweg wird genutzt, und Lieferungen kommen direkt in Hamburg an. Falls Marokko als Lieferant an Bedeutung verliert, werden wohl vor allem die Produzenten aus dem Nahen und Mittleren Osten in die Bresche springen. Doch noch 1994 stammten nur 5,5 Prozent der in Europa sichergestellten Cannabisprodukte aus Asien, die über die Balkanroute oder nördlichere Strecken nach Europa kamen. Letzte Stationen vor Deutschland sind oft Tschechien oder Polen. Seit wenigen Jahren werden dort immer größere Mengen Rauschgift sichergestellt – Cannabis spielt dabei eine geringe Rolle. Daß Cannabisprodukte schon in nächster Zeit verstärkt über Osteuropa geliefert werden, hält der Berliner Fachjournalist Bernd-Georg Tamm für unwahrscheinlich. Zwar sei russisches Haschisch in den baltischen und skandinavischen Ländern bereits in größeren Mengen im Angebot – noch hätten diese Sorten aber eine untergeordnete Bedeutung.
Ameisenhandel an der holländischen Grenze
In Europa halten die Holländer nach wie vor ihre Sonderstellung in Sachen Marihuana. In den letzten Jahren mauserte man sich dort zur europäischen Nummer eins bei der Züchtung von Gras. „Es gibt nichts Besseres als Nederwiet in Europa“, sagt auch Tamm. Immer neue Marken kommen aus den Treibhäusern der Holländer. In den Sechzigern und Siebzigern erreichten Hanfpflanzen lediglich 0,5 Prozent THC-Gehalt. Heute gibt es Sorten mit über 20 Prozent. Das Bundeskriminalamt berichtet sogar von Einzelfällen, in denen bis zu 40 Prozent THC festgestellt wurden.
Der Ameisenhandel an der deutsch-niederländischen Grenze blüht. „91 Prozent der Cannabis- Verurteilten, die wegen Einfuhrschmuggels gefaßt wurden, hatten ihre Erzeugnisse aus den Niederlanden“, ließ der Drogenbeauftragte der Bundesregierung, Eduard Lintner (CSU), vor kurzem in der Woche verlauten. Doch nur 9 Prozent des in Deutschland konsumierten Cannabis kommen tatsächlich aus Holland, konterte Lintners niederländischer Fachkollege Bob Keizer. Christoph Dowe
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