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Ende des griechischen Zweiparteiensystems?

Die sozialistisch-nationalistische Pasok von Ministerpräsident Kostas Simitis hat es noch einmal geschafft – aber die eigentlichen Sieger der Wahlen vom Sonntag sind die kleinen Parteien, die der Pasok von links Konkurrenz machen  ■ Von Niels Kadritzke

Berlin (taz) – Kostas Simitis kann weiterregieren. Die „Panhellenische Sozialistische Bewegung“ (Pasok) gewann unter seiner Führung die vorgezogenen griechischen Parlamentswahlen mit 41,5 Prozent der Wählerstimmen und lag damit deutlich vor der konservativen Oppositionspartei „Nea Dimokratia“ (ND) mit 38,2 Prozent. Nach dem bis zum letzten Tag prophezeiten „Kopf-an-Kopf- Rennen“ feierten die Pasok-Anhänger einen unerwartet deutlichen Sieg, der bei näherem Hinsehen jedoch an Glanz einbüßt: Im Vergleich zu 1993 gingen über 5 Prozentpunkte verloren. Das eigenartige, noch von der ND eingeführte Wahlrecht verschafft dem Wahlsieger dennoch eine 54prozentige Parlamentsmehrheit. Die Pasok verfügt damit über 162 von 300 Parlamentssitzen – eine satte absolute Mehrheit.

Mit seinem Wahlsieg hat Simitis innerhalb von sieben Monaten die dritte und entscheidende Etappe einer zielstrebigen politischen Karriere bewältigt. Im Februar 1996 wurde er von der Parlamentsfraktion der Pasok mit knapper Mehrheit als Nachfolger des schwerkranken Andreas Papandreou zum neuen Regierungschef nominiert. Im Juni konnte er den kurz zuvor verstorbenen Pasok-Gründer auch als Parteivorsitzender beerben. Jetzt hat er sich mit seinem Wahlerfolg ein eigenständiges demokratisches Mandat verschafft. Wieviel politischen Gestaltungsspielraum Simitis damit gewonnen hat, wird die neue Kabinettsliste erkennen lassen, die er heute Abend vorlegen will.

Simitis' unterlegener Gegenspieler Miltiades Ewert ist nach seiner Niederlage vom Parteivorsitz der ND zurückgetreten. Obwohl der ungehobelte Populist besser abschnitt als von den meisten ND-Funktionären befürchtet, ist der lange schwelende Streit um die Führung der Opposition damit offen entbrannt. Je mehr Diadochen sich melden, desto größer werden die Chancen des früheren Ministerpräsident Konstantin Mitsotakis, seine ehrgeizigen Dynastiepläne durchzusetzen. Mitsotakis hält seine Tocher Dora Bakoyanni für die Figur, die den Konservativen ein geliftetes Image bieten und einer rundum modernisierten Pasok entgegentreten kann.

Obwohl ND und Pasok noch einmal 80 Prozent des Wählerpotentials binden konnten, zeigt der Erfolg der kleinen Parteien, daß auch in Griechenland das traditionelle Zweiparteiensystem mürbe wird. Zur Linken einer sozialdemokratischen Pasok, wie sie Simitis anstrebt, tut sich ein Wählerpotential von 15 Prozent auf, das am Sonntag von drei Parteien ausgeschöpft wurde. Mit 5,6 Prozent hat die KKE am besten abgeschnitten, aber die orthodoxen Kommunisten hüten mit ihren alten Parolen gegen den „EU-Imperialismus“ ein rapide absterbendes Wählerpotential.

Ernster als die orthodoxe KKE ist für Simitis die Konkurrenz der beiden anderen linken Kräfte: Der „Synaspismos“ konnte mit seinem populären Vorsitzenden Konstantinopoulos 5 Prozent der Wählerstimmen und 10 Sitze erringen; die „Demokratische soziale Bewegung“ (Dikki) des populististischen Pasok-Dissidenten Dimitris Tsovolas erzielte mit 4,4 Prozent (9 Sitze) einen Achtungserfolg, der eine verbreitete Angst vor einem an den Maastricht-Kriterien ausgerichteten Sozialabbau ausdrückt.

Im rechten politischen Spektrum ist dagegen die nationalistische Partei „Politischer Frühling“ an der Dreiprozenthürde gescheitert. Die vom ehemaligen ND-Außenminister Antonis Samaras gegründete Bewegung, die 1993 auf den Wogen der Makedonien-Hysterie ins Parlament getragen wurde, erwies sich als lebensunfähiger Homunkulus.

Eine ebenso bedeutsame Entwicklung versteckt sich in den Wahlresultaten aus Nordgriechenland. In Westthrakien hat die muslimische Minderheit, die sich ethnisch aus Türken, Pommaken und Roma zusammensetzt, dieses Mal Vertreter gewählt, die auf den Listen der großen Parteien, aber auch des Synaspismos kandidierten. Von diesen Stimmen der Minderheiten hat am klarsten die Pasok profitiert. Das verpflichtet die Regierung Simitis noch stärker, sich um die Alltagsprobleme dieser sensiblen Wählergruppe zu kümmern.Kommentar Seite 10

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