Das Portrait
: Verfassungsschützer wird Polizeichef

■ Ernst Uhrlau

Der Mann hat keine Feinde, niemand ist so richtig gegen ihn, fast alle überschütten ihn mit Vorschußlorbeeren: Ernst Uhrlau heißt der neue Hamburger Polizeipräsident. Als Innensenator Hartmuth Wrocklage (SPD) den 49jährigen Diplom-Politologen gestern als „Mann meiner Wahl“ präsentierte, konnte er sich breiter Zustimmung sicher sein. Nur die Grünen mäkelten verhalten: Uhrlau sei zwar „sehr geeignet“, einzig „seine jetzige Tätigkeit disqualifiziere“ ihn für das neue Amt. Denn der Mann ist seit fünf Jahren Leiter des Verfassungsschutzamtes in der Hansestadt. „Die verfassungsmäßig vorgeschriebene Trennung von Polizei und Geheimdienst“, so der grüne Bürgerschaftsabgeordnete und „kritische Polizist“ Manfred Mahr, „würde durch diese Personalentscheidung zur Makulatur“.

Der Auserkorene hatte sich widerspenstig gezeigt: Zweimal in den vergangenen Monaten lehnte er das ihm vom Innensenator angetragene Amt ab. Gutunterrichtete Kreise wollen wissen, daß es der Überredungskünste von Bürgermeister Henning Voscherau (SPD) bedurfte, um den Genossen Uhrlau dazu zu bewegen, auf dem Schleudersitz in der obersten Etage des Polizeipräsidiums Platz zu nehmen. Der ist seit dem 23. Juli verwaist, als Polizeichef Arved Semerak nach heftiger Kritik aus dem Apparat (“Frühstücksdirektor“) nach nur zehnmonatiger Amtszeit seinen Hut nahm.

Die Widerspenstigkeit überrascht nicht, denn Uhrlau gilt – anders als sein Vorgänger – als eigenständiger Kopf mit hohen analytischen Fähigkeiten und profunden Managementqualitäten. Selbst in linken Kreisen wird er nicht als Unperson betrachtet, seit er als Verfassungsschutzchef unter Beweis stellte, daß er auf dem rechten Auge keineswegs blind ist.

Der neue Herr über mehr als 10.000 PolizistInnen wird vor allem drei Probleme zu lösen haben, denen sein Vorgänger sich mit nur mäßigem Elan widmete: Er muß die politisch verordneten Sparvorgaben umsetzen, den vom Innensenator geforderten Strukturwandel der Polizei zur demokratisch kontrollierten Dienstleistungsorganisation durchführen und die Aufklärung des noch immer schwelenden Hamburger Polizeiskandals vorantreiben. Sven-Michael Veit