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Ziemlich einfältig

■ betr.: „Invasion aus dem Alltag“ („Independence Day“), taz vom 19. 9. 96

[...] Die mächtigen und häßlichen Aliens bringen zuwege, was offenbar die Politik nicht kann: die von George Bush erhoffte neue Weltordnung unter der Führung der Vereinigten Staaten von Amerika. Während der heutige reale Präsident die heutige reale weltumspannende Organisation UNO politisch schwächt, vereint der fiktive Präsident die Welt hinter sich ohne UNO, im Cockpit eines Kampfflugzeuges sitzend. Und ist es ein Zufall, daß nach dem ersten Auftrittsort der Aliens, USA, der zweite „ein Wüstengebiet im Nord-Irak“ ist? Wenn wir nur einen richtigen Feind und einen globalen Krieg hätten, würden wir auch Saddam zur Kooperation kriegen, lese ich daraus.

In den Medien bis hin zu Ulrich Wickerts Tagesthemen ist dieser Film ja enorm vorgefeiert worden, vor allem wegen seiner digitalisierten Trickwelt. Das mag berechtigt sein. Ich muß indes gestehen, daß mich die erschreckende Schönheit der riesigen Raumschiffe immer weniger begeistern konnte, je mehr sich die schlichte Erzählung – Welt in Ordnung / Bedrohung / Widerstand / Kampf und Sieg –, angereichert mit extrem unglaubwürdigen Hollywoodismen wie dem, daß der schwarze Pilot, der sich einen Hubschrauber leiht, mit diesem seine Frau auf Anhieb unter Tausenden panisch Flüchtenden findet, daß die Reize des Films mir vor der zunehmenden Militarisierung der Handlung und der Entdifferenzierung persönlichen und politischen Handelns allmählich verblaßten. In den fünfziger Jahren flogen die Vorfahren dieser Filmhelden Einsätze gegen den Feind in Nordkorea, in den sechziger Jahren gegen Film-Nazis, in all dieser Zeit gegen die gelbe Gefahr aus Japan, immer mit sich opfernden Piloten, Kapitänen und Sergeants, in den siebziger und achtziger Jahren bekamen wir ein Film- Vietnam, in dem Chuck Norris die US-Flagge hochhielt, und heute haben wir halt „Independence Day“. Und die Kampfszenen sehen für meinen Blick jenen in den elektronischen Simulatoren der Vergnügungsarkaden enttäuschend ähnlich.

Ja, ich halte die „angeblich so bedrohliche patriotische Vision“, die Mariam Niroumand in diesem Film nicht erkennen möchte, wirklich für eine, und dazu diesen Film innerhalb seines Genres für ziemlich einfältig. [...] Jens Ulrich Davids, Bremen

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