Bloß keinen Unterschied suggerieren

■ Ab November gibt's Gen-Soja im Speiseöl – ohne Kennzeichnung

Manchmal werden Marktlücken geschlossen, die gar nicht vorhanden sind. Zum Beispiel, weil VerbraucherInnen keinerlei Interesse an dem neuen Produkt haben. Davon unbeirrt verkündete der Verband Deutscher Oelmühlen e.V. gestern in Hamburg stolz: Ab Herbst importieren die Oelproduzenten genmodifizierte Sojabohnen aus den USA. Wohl ab November werden gepanschte Speiseöle, Mayonnaisen und Süßwaren unschuldig in Hamburgs Supermarktregalen stehen – ungekennzeichnet. Die Saat der Bohnen soll durch die Einführung zweier Gene in das Erbgut resistent gegen bestimmte Unkrautvernichtungsmittel werden. Allein in der Hamburger Ölmühle werden jährlich rund zwei Millionen Tonnen Sojabohnen verarbeitet, wovon 60 Prozent aus den USA stammen. Ein bis zwei Prozent der US-Sojabohnen sind gentechnisch verändert. Im April genehmigte die EU-Kommission den Import.

Selbstverständlich, das behauptete der Senatsdirektor der Hamburger Wirtschaftsbehörde Henning Binnewies, sollen für die VerbraucherInnen keinerlei gesundheitliche Gefahren beim Verzehr der aus den gepanschten Bohnen gewonnenen Produkte bestehen. Genausowenig, wie sie dieses Thema vertiefen wollten, bemühten sich die Oelproduzenten, vermeintliche Vorteile der Genmanipulation für die VerbraucherInnen zu nennen.

Denn die manipulierten Bohnen sollen – wie ihre natürlichen Vorbilder – absolut geschmacks- und geruchsneutral und von diesen „selbst von Experten nicht zu unterscheiden sein“. Folglich, so die Logik des Vorstandsvorsitzenden der Oelmühle Hamburg AG, Arnd von Wissel, bräuchten sie nicht gekennzeichnet zu werden, denn das „würde einen Unterschied suggerieren, der gar nicht vorhanden ist“.

Was von ihm als Qualitätsbeweis ins Feld geführt wird, löst bei Verbraucherschützern die rote Alarmlampe aus. So will die Hamburger GAL einen Antrag auf Kennzeichnung in die Bürgerschaft einbringen. „Ohne die Chance, auf nicht-genmanipulierte Nahrungsmittel ausweichen zu können, werden die VerbraucherInnen entmündigt“ warnte die umweltpolitische Sprecherin Antje Möller. Sie erzürnte sich über Senatsvertreter Binnewies, der die Gentechbohnen bejubelt und „die Gefahren manipulierter Lebensmittel unter den Standortteppich gekehrt“ habe.

Die „ungenügende Akzeptanz“ der Gentechnologie ist auch den Unternehmern bewußt. Deshalb wollen sie die Information der Bevölkerung, als „besondere Herausforderung“ betrachten – der sie nicht im Ansatz gerecht werden.

Neben dem Import manipulierter Sojabohnen verfolgt die deutsche Industrie auch den Anbau maßgeschneiderter Pflanzen im eigenen Land: In Großhansdorf und der Nähe von Oldenburg/Holstein steht die gentechnische Veränderung von Raps, Zuckerrüben und Mais in Freilandversuchen kurz vor der Verwirklichung.

Elke Spanner