Raffinierter Raucherclub

Memmingen/München (taz) – Ist das nicht ein Angebot: 35 Mark für eine Stange Markenzigaretten! Genau damit wirbt seit einigen Wochen ein sogenannter „Club der Raucher“ mit Sitz in Memmingen. „Ein verlockendes Angebot“, meinte eine Memmingerin, nachdem sie einen Handzettel des Raucherclubs an der Windschutzscheibe ihres Autos vorfand. Doch ein Nachbar warnte sie, ebenso ihr Zigarettenhändler, den sie auf das Billigangebot ansprach.

Der Händler bangte um sein Geschäft und wandte sich an seinen Einkaufsverband. Von diesem bekam er die Mitteilung, das Landeskriminalamt habe dem Verband mitgeteilt, „daß in Memmingen ein Verfahren gegen den Club der Raucher anhängig ist“. Doch weder bei der Memminger Staatsanwaltschaft noch bei der Kriminalpolizei war Konkretes dazu zu erfahren.

„Das ist ja ein recht interessantes Angebot, fünfunddreißig Mark für eine Stange Zigaretten“, fand Brigitte Meier und fragte direkt beim Club der Raucher wegen möglicher Fußangeln nach. „Sie sagten mir, das sei rechtlich alles einwandfrei und völlig legal.“ Für 35 Mark einmalige Gebühr könne man Mitglied werden. Dann bekomme man innerhalb von zwei Wochen die „Adressen von unseren Mitgliedsfreunden“, und die wiederum würden die Zigaretten per Post zuschicken – für Dreifünfzig die Schachtel.

Der Verantwortliche beim Club der Raucher ist trotz mehrmaliger Versuche nicht zu erreichen. Doch ein Kollege erläutert bereitwillig, wie's funktioniert. „Zwei Packungen pro Sendung sind frei. Die Zigaretten werden nicht gekauft, so kann man das Gesetz umgehen.“ Die Clubmitglieder würden sich vielmehr die Zigaretten gegenseitig schenken, die auf dem Postweg aus Tschechien kämen.

Möglich machen soll diese juristische Variante die sogenannte Kleinsendungsverordnung. Denn die Tante, Oma oder Freundin aus der Tschechischen Republik kann täglich ihrem Neffen, Enkel oder Freund zwei Schachteln Zigaretten schicken, die dort gerade mal eine Mark fünfzig kosten, ohne daß man dem Empfänger etwas anhaben kann.

Bei der für Zollangelegenheiten zuständigen Oberfinanzdirektion freilich sieht man die Sache ganz anders. Dringend warnt Pressesprecher Manfred Mayr vor diesen Raucherclubgeschäften. Die Kleinsendungsverordnung greife im vorliegenden Fall nämlich überhaupt nicht, so clever das auch ausgedacht sein möge. „Irgendwo findet eine Bezahlung statt, und die Kleinsendungsverordnung setzt voraus, daß eine unentgeltliche Sendung vorliegt.“ Genau das sei im vorliegenden Fall eben nicht so, und daher sei vor einer Mitgliedschaft dringend zu warnen. „Die Verbraucher setzen sich der Gefahr aus, steuerrechtlich, gegebenenfalls gar strafrechtlich verfolgt zu werden.“

Dabei könnte Billigrauchen so schön sein. Nebenbei gibt es schließlich auch gleich noch das Angebot, weitere Billigraucherfreunde zu werben. Zehn Mark werden für jedes neue Clubmitglied versprochen. Und doch gibt sich der Club der Raucher edelmütig: „Der Club verdient kein Geld an diesen Zigaretten“, heißt es auf dem Handzettel, der laut Aufforderung so oft wie möglich kopiert werden soll. Und wie hatte der freundliche Herr vom Club der Raucher empfohlen: „Das ist alles legal, da können Sie gerne beim Zoll nachfragen!“

Gesagt – getan. Pech nur für den geschäftstüchtigen Club der Raucher, daß die Zollfahnder gleich zur Razzia ausrückten und unmittelbar danach mitteilten: „Es deutet alles darauf hin, daß durch rechtzeitiges Einschreiten der Zollbehörden mögliche Schmuggelaktivitäten verhindert werden konnten.“ Will heißen, dem Club der Raucher wurde, bevor er noch größeren Schaden anrichten konnte, erfolgreich das Handwerk gelegt wurde.

Für Empfänger des verlockenden Handzettels wurde bei der Zollfahndung in Lindau eine eigene Telefonnummer eingerichtet. Klaus Wittmann