Der telepathische Computer Von Mathias Bröckers

Albert Einstein beschrieb zusammen mit seinen Kollegen Nathan Rosen und Boris Podolsky 1935 ein Experiment, bei dem sich zwei Lichtteilchen in entgegengesetzte Richtungen bewegen und ihr jeweiliger Zustand auf dieser Reise gemessen wird. Nach den in den 20er Jahren entdeckten Gesetzen der Quantenmechanik bleibt ein solches Teilchenpaar in direkter Kommunikation miteinander verbunden. Ändert sich der Zustand des einen Teilchens, paßt sich das andere augenblicklich an. Quantenphysiker haben dieses subatomare Mysterium anhand von zwei Personen mit einer roten und einer blauen Socke beschrieben, die auf verschiedenen Seiten des Erdballs leben. Wechselt die eine Person die rote Socke von rechts nach links, tut die andere im selben Moment das gelbe. Wie können die Partner vom Sockenwechsel auf der anderen Seite des Planeten wissen? Sie können es nicht, meinte Einstein, der eine solche „spukhafte Fernwirkung“ für physikalisch unmöglich hielt und mit dem besagten Experiment den Beweis dafür führen wollte. Einsteins Beweisnot hatte ihren Grund: Wenn diese Fernwirkung existierte, dann war seine Relativitätstheorie falsch, denn nach ihr darf sich im Universum nichts schneller bewegen als Licht. Die Quantenteilchen aber überschritten bei ihrem simultanen „Sockenwechsel“ dieses Tempolimit bei weitem. Es dauerte über 50 Jahre, bis es Alain Aspect 1982 gelang, den „Spuk“ zu messen. Erklären kann man ihn zwar immer noch nicht, aber über das Vorhandensein dieser „unmöglichen“ Informationskanäle gibt es unter Physikern kaum noch Zweifel. So schwindelerregend die philosophischen Konsequenzen daraus sein mögen – die moderne Physik beweist den uralten Lehrsatz der Mystik, daß Geist & Materie unmittelbar verbunden sind – so praktisch ist das Paradox in den letzten Jahren angegangen worden. Wir müssen das nicht verstehen, um es zu nutzen, dachten sich Computerwissenschaftfler wie Peter Shor von AT&T und Charles Benett von IBM – und machten sich an die Konstruktion eines Quantencomputers. Noch gibt es keine Maschine, auf der das von Peter Shor ersonnene Programm läuft, doch theoretisch funktioniert es. Und wenn die Versuche, die zur Zeit an vielen Instituten und Universitäten laufen, erfolgreich sind, werden wir, so das Fachblatt New Scientist (Nr. 2049, Details im Internet: http://www.newscientist .com) „in wenigen Jahren Quantencomputer haben“. In der Rechengeschwindigkeit lassen sie die Superrechner von heute alt aussehen: „In gewissem Sinn führt ein Quantencomputer alle Rechenoperationen zur selben Zeit aus.“ So wie die magisch verbundenen Teilchen zur selben Zeit die Socken wechseln. Bemerkenswert an diesem Fall ist die Wurstigkeit, mit der die wahrhaft weltbilderschütternde Entdeckung einer super- physikalischen, übernatürlichen Kommunikation einfach praktisch umgesetzt wird. Physikstudenten werden den Lehrsatz, daß in diesem Universum nichts schneller sein kann als Licht, wahrscheinlich demnächst auf überlichtschnellen Quantencomputern lernen, während sich die Zitadellen der Wissenschaft aufgrund von Pensionsgrenzen und Identitätskrisen immer noch nicht entschließen können, das physikalische Weltbild des 20.Jahrhunderts ins Museum zu verfrachten.