: „Unsere Pizza ist Fast food und gesund zugleich“
■ Der Gastwirt Giorgio Della Loggia aus Latina südlich von Rom über unliebsame ausländische Konkurrenz, den Wert gesunder Ernährung und über den „Betrug am Magen“
taz: Als „der Chinese“ einige Straßen weiter vor ein paar Monaten zugemacht hat, habt ihr hier aus Freude das ganze Lokal freigehalten. Ist das nicht ein wenig unkollegial innerhalb der Gastronomie?
Della Loggia: Überhaupt nicht. Der gehört einfach nicht hierher.
Aber internationale Küche verleiht doch gerade den Fremdenverkehrsorten ein internationales Flair.
Ich habe nix gegen Chinesen, Japaner, Amis und Deutsche in der italienischen Gastronomie. Sofern sie ihre Speisen wirklich zubereiten. Aber die Chinesen hier bieten ja nur Fastfood.
Inwiefern?
Gehen Sie mal in Deutschland in ein chinesisches Restaurant. Da finden Sie zum Beispiel Pekingente auf Sojabohnen oder doppelt gebratenes Huhn mit süßsaurem Gemüse und Beilagen. Da zahlen Sie dann 20 oder 30 Mark dafür. Die Chinesen hier bieten ihre Gerichte für umgerechnet sechs oder sieben Mark an, das ist dann eben nur ein Stück Ente oder hundert Gramm Schweinefleisch und zwei Sojabohnen. Oder diese grauenhaften Gamberi-Chips, die schmecken wie aus der Chemiefabrik. Das ist Fast food.
Oder nur unliebsame Konkurrenz, weil eure Pizza mittlerweile auch zehn Mark kostet?
Nein. Unsere Pizza ist zugegebenermaßen das italienischen Gegenstück zum Fast food. Aber eine Pizza für umgerechnet zehn Mark ist eine vollwertige Mahlzeit, vom Teig über die Tomaten- und Käseauflage mit den Gewürzen bis zum kompletten Fischmenü obendrauf. Das ist der Unterschied.
Aber warum soll man den Menschen nicht überlassen, was sie wollen, und wieviel sie für eine Mahlzeit zu zahlen bereit sind?
Überlassen wir ihnen ja. Aber deshalb kann ich mich doch freuen, wenn ein solcher Betrug am Magen wie dieser am Ende wieder verschwindet. Wie ich das auch vom eben eröffneten Burger-Lokal hoffe. Nicht weil's Amis sind, nicht weil's zu billig ist, sondern weil es Betrug am Magen ist. Es völlt nur und nährt nicht.
Ist das nicht ein wenig arg ideologisch?
Sicher. Aber auch eine Ideologie kann doch richtig sein oder jedenfalls positive Folgen fürs Wohlbefinden haben, oder?
Warum sind eigentlich Pizzen, also euer Fastfood, so sauteuer geworden? Junge Leute kaufen eben lieber einen Hamburger, weil er billiger ist.
Das ist richtig, aber von der Gesundheit her eine Katastrophe. Leider leben wir heute in einer Zeit, in der die Leute erstens keine Ahnung mehr von gesunder Ernährung haben, und zweitens legen besonders die jungen Leute viel zu wenig Wert darauf. Das war übrigens zu meiner Jugendzeit noch anders. Wir haben durchaus nachgefragt, ob das Essen uns auch stark macht und gesund ist. Heute fragt das keiner mehr, Hauptsache irgend was zwischen den Zähnen.
Hat eine pappige Pizza wirklich einen so hohen Nährwert?
Eine pappige nicht, eine richtig kroß gemachte, mit hauchdünnem Teig drunter aber schon. Leider wollt ihr Deutschen immer diesen dicken Semmelpapp drunter und habt so einen Großteil des Ernährungswerts damit zerstört. Aber hier in Italien machen wir das noch richtig. Unsere Pizza ist Fast food und gesund zugleich. Interview: Werner Raith
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen