: Arbeitgeber: 100 Prozent bleiben – vorerst
■ Gesamtmetall rückt von Lohnkürzung für Kranke ab. Auch Daimler macht fürs erste einen Fallrückzieher. Tarifverhandlungen sollen am Donnerstag beginnen
Frankfurt (dpa/taz) – Im Streit um die Lohnfortzahlung haben die Arbeitgeber jetzt einen Fallrückzieher gemacht. Der Arbeitgeberverband Gesamtmetall verzichtet vorerst auf seine Empfehlung an die Unternehmen, den Lohn für erkrankte Beschäftigte zu kürzen. Dies ist das Ergebnis eines zweistündigen Spitzengesprächs mit der IG Metall gestern in Gravenbruch bei Frankfurt.
„Gesamtmetall empfiehlt seinen Mitgliedsunternehmen, krankheitsbedingte Fehlzeiten festzuhalten, Lohn- und Gehaltsabzüge jedoch nicht vorzunehmen, um keine Präjudizien zu schaffen, die einer rückwirkenden Inkraftsetzung einer tariflichen Regelung zur Lohnfortzahlung im Wege stehen“, heißt es in einer gemeinsamen Erklärung von Gewerkschaft und Arbeitgeberverband.
Im Klartext bedeutet dies, daß die Abwesenheitstage erkrankter Mitarbeiter vorerst nur auf Zeitkonten festgehalten werden. Die Erkrankten bekommen in jedem Fall fürs erste den vollen Lohn weitergezahlt. Damit folgt Gesamtmetall der betrieblichen Praxis, wie sie unter anderem bei BMW, Siemens, Bosch und Audi vereinbart wurden.
Im Gegenzug will die IG Metall in den Betrieben, die sich an diese Regelung halten, auf weitere Protestaktionen verzichten. Verhandlungen über eine tarifliche Regelung sollen bereits am Donnerstag beginnen. Der IG-Metall-Vizechef Walter Riester hatte bereits vorgeschlagen, bei der künftigen Berechnung des Krankenentgelts die Zuschläge für Überstunden nicht mehr zu berücksichtigen.
Auch bei Daimler-Benz einigte sich inzwischen die Konzernspitze mit dem Betriebsrat darauf, während der Verhandlungen von Gesamtmetall und IG Metall vorerst 100 Prozent Lohn an Erkrankte weiterzuzahlen. Im Daimler-Konzern war in den letzten Tagen auch unternehmensintern heftige Kritik am dem Vorstandsbeschluß geäußert worden, das Entgelt für Kranke um 20 Prozent zu kürzen. Damit wollte der Automobilkonzern ohne Ansehen der Tarifverträge dem neuen Gesetz zur Lohnfortzahlung folgen, das eine Absenkung der 100prozentigen Lohnfortzahlung auf 80 Prozent vorsieht.
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