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Frauenbefreiung à la Kohl

■ betr.: „Das neue Modell aus Stutt gart“, taz vom 5./6. 10. 96

Die optimistischste Feministin hätte in ihren kühnsten Träumen nicht zu hoffen gewagt, daß alle Träume jetzt wahr werden sollen. Die christlich-soziale Union befiehlt den Frauen „nun aber los“. Wir streichen euren Ernährern den Lohn im Krankheitsfall und darüber hinaus Kindergeld und sonstige Sozialhilfen für alleinerziehende Mütter damit ihr endlich wach werdet. Laßt die Finger von Familie und verzichtet auf eure Kinder, denn ihr könnt sie nicht mehr ausreichend ernähren.

Endlich könnt ihr neben dem Haushaltsgeld auch eure Energien sparen und müßt nicht mehr durch überflüssigen patriarchalen Konsum an der Zerstörung der Natur und eurer selbst mitmachen.

Wir Frauen können jetzt endlich sagen, wir wollen unsere Umwelt nicht weiter mit Familie und Kinder belasten, erstens lohnt sich das nicht mehr und zweitens können wird das nicht mehr bezahlen. Wir schlagen jetzt zwei Fliegen mit einer Klappe, lösen ökologische und bevölkerungspolitische Probleme. Wir brauchen nicht länger durch Familienarbeit noch mehr Natur zerstören. Mann und Kind stehen nicht mehr einer Frauenbewegung im Wege, die das Ökoproblem löst, indem sie auf dem Grund einer familienlosen Gesellschaft aufbaut.

[...] Fazit: Wo kein Geld, da auch keine Kinder; wo keine Kinder, da auch keine gefangenen Frauen mehr. Freie Frauen in einer familienlosen, weil zu teuer gewordenen Gesellschaft. Wer hätte das gedacht: Helmut Kohl entpuppt sich als wahrer Frauenfreund und -befreier und läutet (vielleicht ohne es selbst zu wissen) das nächste Jahrtausend für die Frauen ein. Thomas Dauskardt,

Bönningstedt

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