: Stimmaquarelle
■ Auch Heather Nova heult manchmal
Heather Nova ist gut. Zwar kam ihre aktuelle Platte Oyster schon im Herbst raus, und auch war Fräulein Nova im letzten Winter schon einmal mit Sack, Pack, Kind, Kegel, Gitarre und Band im Lande, aber bahnbrechende Revolutionen brauchen nunmal Zeit, einen Nährboden. Der scheint nun bereitet, auf den meinungsbildenden Videokanälen flimmert ihr buntes Mädchenvideo rauf und runter, und auf ihrer nun anstehenden Tour durch hiesige Gefilde wird sicherlich ein ganzer Haufen guter Menschen zusammenströmen.
Ungemein animierend wirkt Heathers ästhetisches Äußeres – da sollte man ehrlich sein – aber auch ihre Musik vermag zu erfreuen. Absurd ist es allerdings, Musikschaffenden begeistert „Songwriting“ zu konstatieren. Was denn schließlich sonst? Nun sollte man es bei Frau Nova aber trotzdem tun, ihre Musik wirkt so wunderschön abseitig, da wird man doch auch mal schreiben dürfen, daß diese Songs auch wirklich geschrieben wurden.
Oyster rekrutiert sich zum einen aus definitiven Popsongs, und zum anderen aus Nummern, deren Charme im Unvollendeten zu suchen ist. Finden kann man dort, wonach einem der Sinn steht, scheinbar assoziatives Geklimper erfährt Zusammenhalt und Spannungsbogen durch stimmakrobatische Aquarelle, wie man ihr Geheul wohl manchmal nennen muß. Gerne wird sie von der Presse in eine Reihe gestellt mit „den neuen Frauen“ in der Poplandschaft wie Björk oder PJ Harvey, deren Eigensinnigkeit und Kreativität eine ganze Branche zu gleichen Teilen begeistert lauschen und geifernd lechzen läßt. Das aber ist ihr egal, Heather Nova will nach eigener Aussage „nur über die Musik“ definiert werden, und das sagt sie so trotzig-naiv, daß man sie gleich noch ein bißchen liebenswerter findet.
Benjamin v. Stuckrad-Barre
10. April, Große Freiheit, 21 Uhr
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