Dumm gelaufen

■ Fredenbeck und Kiel gehen bei der Handball-Endrunde in Hamburg ein

An der mangelnden Unterstützung hat es nicht gelegen, daß der VfL Fredenbeck das Pokalendspiel verpaßte. Über 2 000 Fans waren mit nach Hamburg in die Alsterdorfer Sporthalle gekommen oder fühlten sich dort zumindest dem Zweitligisten zugeneigt – das Halbfinale gegen Düsseldorf wurde so, wie auch nicht anders erwartet, zum Heimspiel. Doch alles Trommeln und Rattern war letztlich vergebens; das selbstgemachte Konfetti mehr Arbeit für die nachher tätigen Putzkolonnen, denn Ausweis erfolgreicher Unterstützung. Mit 17:16 (7:9) hatte der Bundesliga-Zwölfte die Attacke des Underdogs pariert, der schon mit drei Toren geführt hatte.

VfL-Trainer Thomas Gloth trieb die Niederlage hektische Flecken ins Gesicht – oder war es Zornesröte? Verständlich wäre es, hatten seine Spieler doch seinen Leitsatz „im Mannschaftssport ist der Kopf das wichtigste Instrument“ gründlich fehlgedeutet. „Augen zu und durch“ war jedenfalls nicht gemeint und auch nicht „mit dem Kopf durch die Wand“. Fast hätte es trotz der hermeneutischen Differenz geklappt, denn erst zehn Minuten vor Schluß war Düsseldorf nach langer Zeit wieder in Führung gegangen. Da hatten die Fredenbecker jedoch schon nichts mehr entgegenzusetzen, auch wenn Gloth das anders sah: „Wir waren konditionell nicht schwächer.“

Dafür aber taktisch. Ohne ihren verletzten Spielmacher Roger Kjendalen, Gloths verlängerten Arm auf dem Feld und zuständig für Eleganz und Raffinesse, glich der VfL in der zweiten Halbzeit einer freigeistigen Preßlufthammer-Einheit, deren Vorarbeiter gerade auf einem Fortbildungsseminar weilte. Gunnar Schmidt („Wir waren uns sicher zu gewinnen“) und Maik Heinemann versuchten es dennoch ohne Anleitung. Jeweils fünf der 17 Treffer erarbeiteten sich die beiden, deren Auftreten in diesem „typischen Pokalspiel“ (Allgemeinplatz, daher ohne Quellenangabe jederzeit zitierbar) als zumindest rustikal gelten durfte. Immer wieder mitten rein in die Düsseldorfer Abwehr, bis dem Proto-Vokuhila Heinemann („vorne kurz, hinten lang“, ihn hatte Max Goldt wohl vor Augen) und dem Kapitän die Kräfte schwanden. Heinemanns direkter Freiwurf in letzter Sekunde konnte so gar nicht anders verworfen werden – in die Mauer: rumms und festgesetzt. Die Dampframme hatte Feierabend.

Und anschließend deren Anhang, dem im zweiten Halbfinale zwischen Kiel und Lemgo (16:17 nach Verlängerung) jedwede norddeutsche Verantwortung schnuppe war. Nicht ein Finger rührte sich solimäßig für den Deutschen Meister. Alle schwiegen. Keiner ging. Der Busfahrer fand die Halle nicht.

Clemens Gerlach