Sparen und modernisieren

■ Der SPD-Fraktionsvorsitzende Klaus Böger bekräftigt vor der Haushaltsklausur des Senats den Sparwillen seiner Partei. Von der Verwaltungsreform dürfe nicht abgerückt werden

taz: Herr Böger, die Chefgespräche zwischen der Finanzsenatorin Annette Fugmann-Heesing und ihren SenatskollegInnen sind alle in die Hose gegangen. Morgen beginnt nun die Etatklausur. Wie ist die Stimmung vor der Nacht der langen Messer?

Klaus Böger: Die ChefInnengespräche, wie die taz schreiben würde, sind nicht alle den Bach hinuntergegangen. Aber sie haben auch keine Freude ausgelöst. Die Haushaltsklausur steht unter dem Zwang von Einsparungen. Und es geht um Konsolidieren und Entwickeln. Auf allen diesen drei Ebenen müssen wir etwas leisten. Richtig ist, daß der Etat 97 konkret vorgelegt werden muß. Und das ist die größte Herausforderung, weil wir bekanntermaßen eine massive Deckungslücke haben.

Wie hoch ist die Lücke im Moment?

Sie liegt über drei und unter zehn Milliarden Mark. Sie ist erheblich.

Machen wir es andersherum: Bei welcher Höhe sollen die Ausgaben liegen?

Der Gesamthaushalt wird bei über 40 Milliarden Mark liegen. Das ist nicht wenig, damit kann man Politik gestalten.

Die CDU hat auf 25 Seiten bereits ausgeführt, was sie alles vorhat.

Die Qualität von Vorschlägen bemißt sich nicht an der Seitenzahl. Da ist altbekannt Unstrittiges dabei und absolut Irreales...

... zum Beispiel?

Zu glauben, wir könnten eine höhere Bewertung im Stadtstaatenausgleich bekommen. Das ist doch nur ein schöner Glaube. Wenn es überhaupt mehr Geld geben könnte, dann bezieht sich das darauf: Ob der Bund, wenn er mal hier ist, zwar nicht die Spendierhosen anhat, aber eben für seine Hauptstadt Vergleichbares tut, wie er es für Bonn getan hat.

Für die Kultur?

Beispielsweise.

Soll das heißen: Jetzt machen wir noch einen Sparhaushalt – und dann holen wir Geld von draußen.

Nein, wir müssen auf die Veränderung bei uns setzen. In dem Maße, wie wir das tun, wird sich der Bund in der Kulturförderung in Zukunft mehr engagieren. Aber einfach die Hand ausstrecken, das geht nicht.

Könnte man so die vier Theater retten, die die Finanzsenatorin angeblich zum Abschuß freigegeben hat?

Die Sozialdemokraten wollen keine Schließungen kultureller Einrichtungen. Wir wissen aber, daß noch mehr Veränderungsbereitschaft notwendig ist.

Die SPD hat den Konsolidierungskurs, wie Sie ihn nennen, eingeführt. Ist der angekündigte komplette Verkauf der Bewag nicht ein Rückzug davon?

Jede Art von Aktivierung ist nur zu rechtfertigen, wenn wir parallel Konsolidierungspfade beschreiten und wenn wir Teile der Erlöse in Zukunftstechnologien reinvestieren. Ich halte den bayerischen Weg für beispielhaft: Verkäufe zum ganz überwiegenden Teil für Zukunftsinvestitionen zu nutzen. Den Weg können wir bei der Bewag leider in Gänze nicht mehr beschreiten, weil wir so hohe Verluste aus dem Jahr 1995 auszugleichen haben.

Das Dilemma der SPD ist doch folgendes: Sie hat zwar den Konsolidierungskurs begonnen, und die Partei stellt dabei die wichtigste Spielerin. Aber konkrete Vorschläge, wie Konsolidierung sozialdemokratisch gestaltet werden kann, macht die SPD keine.

Wir bleiben dem Gedanken einer sozialen Demokratie verpflichtet. Das heißt aber, daß wir sehr wohl für die modernisierte Wertschöpfung des Standorts eintreten. Die SPD wird trotz Einsparungen an der sozialen Integration der Stadt festhalten. Es geht dabei um politische Ziele und nicht darum, gewachsene Strukturen in jedem Fall beizubehalten. Auch bei unserem politischen Wunschpartner, den Grünen, sieht man in dieser Hinsicht manchmal interessante Umbauüberlegungen.

Der grüne Sparkommissar in Frankfurt, Tom Koenigs, hat gerade ein ausgezeichnetes Ergebnis mit der Gewerbesteuer erzielt. Ermuntert Sie das, die frühere Erhöhung dieser Steuer weiter zu fordern?

Der Grüne hat auch einen Bankenplatz Frankfurt. Richtig ist, daß die SPD an einer Verbesserung der Einnahmeseite durch die Gewerbesteuer interessiert ist. Wir hatten in der Koalition beschlossen, die Steuer im Januar 1998 zu erhöhen. Unser Verlangen ist, das vorzuziehen. Ich verweise dabei darauf, daß die Gewerbesteuer erhebliche Freibeträge kennt, und wir damit nicht kleine und Kleinstbetriebe abwürgen.

Was ist Ihnen besonders wichtig? Wo werden Sie bei der Klausur nicht nachgeben?

In keinem Fall beim staatlich- administrativen Umbau, also bei der Verwaltungsreform und dem Abspecken der Stellenpläne. Auch die Bezirksgebietsreform zieht mittelfristig erhebliche Einsparungen nach sich.

Studiengebühren sind etwas, was die SPD ablehnt. Es gibt allerdings andere Finanzierungsmöglichkeiten wie das berühmte australische Modell, wo derjenige später einzahlt, der das wegen seines Einkommens auch kann. Da kann ich eher darüber nachdenken als über das schlichte Einführen von Gebühren – und sämtliche Strukturen in den Hochschulen bleiben unverändert. Interview: Christian Füller