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Bahnbrechende Planungen

Kampf um jeden Fahrgast zwischen Hamburg und Berlin: Die Bahn und die Transrapid-Betreiber planen zügig aneinander vorbei  ■ Von Marco Carini

Die Wahrheit ist dehnbar. Als vorige Woche das Hamburger Abendblatt behauptete, mit Fertigstellung des Transrapids werde der Zugverkehr zwischen Hamburg, Schwerin und Berlin eingestellt, übertrafen sich alle Beteiligten in entschiedenen Dementis. „Die Eisenbahnverbindung zwischen den Großstädten wird es definitiv auch nach der Eröffnung der Transrapid-Strecke geben“, beeilte sich Peter Jablonski von der Magnetschnellbahn-Planungsgesellschaft (MPG) zu versichern. Bundesverkehrsministeriums-Sprecher Franz Joseph Schneiders betonte gegenüber der taz, die Spekulationen über die Einstellung des Personenverkehrs auf den Schienen zwischen Hamburg und Berlin entbehren „jeder Grundlage“.

Doch Schneiders fehlt offenbar wichtiges Grundlagenwissen und Jablonski der Überblick über die Unterlagen aus dem eigenen Haus. Denn in dem von der MPG verfaßten mehrbändigen „Erläuterungsbericht“ gehen die Transrapid-Planer davon aus, daß das Intercity-Angebot zwischen Hamburg und Berlin „entfällt“. Auch die aus Saarbrücken kommenden Interregio-Züge, die bislang über Hamburg und Schwerin nach Stralsund fahren, sollen nach den MPG-Planspielen nur noch „bis Hamburg geführt“ werden. Lediglich über die langsamere Interregio-Verbindung Hamburg-Uelzen-Berlin wären Spree- und Elb-Metropole danach noch per Gleis verbunden.

Doch ob die Deutsche Bahn AG auf dieser Schiene mitfährt, ist fraglich. Zwar hatte der Bahn-Vorstand im Januar dieses Jahres in einem Schreiben betont, zwischen Hamburg und Berlin nur noch „einzelne Züge“ verkehren zu lassen. Ob es sich dabei um schnelle Intercitys oder Bummelbahnen handeln würde, ließ das Vorstands-Papier offen.

Gegenüber dem Magazin Focus präzisierte eine Bahn-Sprecherin diese Aussage jetzt dahingehend, daß auf der heutigen Intercity-Strecke auch nach dem Transrapid-Start „weiterhin ein schneller Fernverkehr“ angeboten würde.

Nach Schätzungen des Karlsruher Verkehrswissenschaftlers Werner Rothengatter aber würde ein konkurrierendes IC-Angebot das Finanzierungskonzept der Transrapid-Planer gewaltig ins Wanken bringen. Der Fachmann, der einst die erste Fahrgastprognose für die Magnetschnellbahn erstellt hatte, prognostiziert, daß „zwischen 30 und 40 Prozent der Fahrgäste“ lieber in den Intercity als in den rund 30 Prozent teureren Transrapid steigen würden.

Focus mutmaßt deshalb, daß die Bahn über ihr Konkurrenz-Angebot „den eigenen Ausstieg aus dem Projekt inszenieren“ wolle. Denn ein finanzielles Engagement beim Magnetschweber hatte der Bahn-Aufsichtsrat von „positiven Wirtschaftlichkeitsuntersuchungen“ abhängig gemacht.

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