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Der Laminator von Halle 6, Teil II Von Sotscheck, Ringel & Rönneburg

Was bisher geschah: Am ersten Publikumstag der Frankfurter Buchmesse machen sich die mit Dünnbier geladenen Gründungsmitglieder des Wahrheit-Klubs auf den Weg, den Stand der „Jungen Freiheit“ unter Wasser zu setzen.

Als wir aufwachten, schwankte der Boden. „Wo kommt Ihr denn her“, beugte sich taz-Chefredakteur Michael Rediske besorgt über uns. Wir waren auf einem Schiff, das an der Oberbaumbrücke in Berlin ankerte und von der taz-Redaktion gemietet worden war, um den vorläufigen Fortbestand der Zeitung zu feiern.

Langsam lichtete sich der Nebel. Ein persischer Taxifahrer hatte uns am Bahnhof Zoo aufgepickt und seine Lebensgeschichte erzählt: das dritte Taxifahrerleben, dem wir an diesem Tag folgen durften, so daß wir eingenickt waren. Offenbar hatte er uns mit den Koffern an Bord getragen.

Aber was war in Frankfurt geschehen? Auf der Buchmesse hatten wir uns gemeinsam mit einer vollbläsigen Truppe durch das alle Gänge verstopfende Publikum gewühlt. „Ich kann sie schon sehen“, schrie G. Henschel, der ein kleines Fäßchen Äppelwoi geschultert hatte, und uns prompt in die Irre führte. Die jungfreiheitlichen Sepplhüte entpuppten sich als die Pepitamütze von Uwe Seeler, dessen Buch „Alle meine Tore“ Henschel stets bei sich trug, um es signieren zu lassen. „Uwe, Uwe ...“, skandierten H. Rowohlt und W. Droste aus dem Hintergrund so inbrünstig, daß das eigentliche Ziel schnell vergessen war.

Auch H. Tomayer geriet vom Kurs ab, als er plötzlich den Stand der Bierfirma Binding Lager entdeckte, die einen Reimwettbewerb ausgeschrieben hatte. Für einen in Verse geklopften Binding-Slogan sollte es mehrere Kästen der leckeren Plärre geben. Ob Tomayer gewann, ist bis heute Gegenstand diverser Rechtsstreitigkeiten. Mit dem Schnellvers „Jeden Tag ein Binding Lager / Und du bleibst gewiß nicht hager“, ging Bauchkönig R. Sotscheck zu Recht erfolglos ins Reimrennen.

Wahrscheinlich wären wir endgültig am Bierstand versumpft, wäre nicht das Mädchenheer unter Führung von C. Rönneburg und ihrem laminierten Wahrheit-Klub- Vorstandsausweis eingetroffen, um mit pädagogisch erigiertem Zeigefinger das ursprüngliche Ziel der Exkursion anzumahnen: „Och, immer reimen. Auf zur Jungen Freiheit, ihr Pißnelken.“ Tom, der dem aufgrund der „Uwe“-Rufe stimmlosen H. Rowohlt gerade eine Fischgräte auf die Stirn tätowierte, winkte ab: „Laß uns doch auch mal zum Zuge kommen.“

„Apropos Zug.“ M. Ringel tippte pedantisch auf die Uhr. „Unser Zug geht in 13,57 Minuten.“ Gerade noch rechtzeitig gelang es uns, vor der Halle 6 dem Vertreter des Klartext-Verlages sein Taxi abzuschwatzen. „Wir haben noch 8,34 Minuten, um unseren Zug zu erreichen“, schrie C. Rönneburg den Fahrer an, der seelenruhig eine andere Richtung einschlug. „Die schlimmsten Taxifahrer von Berlin gibt es in Frankfurt“, verzweifelte Ringel. Mit einem weit durch die Bahnhofshalle schallenden „Stop this train“ gelang es R. Sotscheck den anfahrenden Zug aufzuhalten. Erschöpft fielen wir in die Polster. Und sprangen sofort wieder auf, um uns mit drängender Blase in die endlose Schlange vor der Toilette einzureihen. Nie wieder Buchmesse. Jedenfalls nicht vor nächstem Jahr.

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