: Gen-Sojabohne sprengt Grenzen
GAL und Verbraucherzentrale fordern Kennzeichnungspflicht / Im November beginnt der Import über den Hamburger Hafen ■ Von Sven-Michael Veit
Mitte November soll sie da sein: Roundup Ready heißt die genmanipulierte Sojabohne aus den USA, die über den Hamburger Hafen in europäische Supermärkte gelangen soll. Rundum fertig ist bereits die Verteidigungslinie: Hamburgs Verbraucher- und Umweltschützer, Grüne und Gesundheitsbehörde stehen diesem Unterfangen ablehnend gegenüber.
Die gesundheitlichen Gefahren, die von genetisch veränderten Lebensmitteln – nicht nur für Allergiker – ausgingen, seien „unkalkulierbar“, behauptete gestern die grüne Abgeordnete Dorothee Freudenberg-Hübner. Der Geschäftsführer der Hamburger Verbraucherzentrale, Günther Hörmann, forderte eine Umweltverträglichkeitsprüfung für diese Produkte sowie eine Kennzeichnungspflicht. „Wenn die Produzenten von der Unschädlichkeit überzeugt sind“, so Hörmann, dann bräuchten sie doch keine Scheu zu haben, „ihre Produkte zu kennzeichnen“.
In einem Antrag für die nächste Bürgerschaftssitzung, den Freudenberg-Hübner gestern erläuterte, wird der Senat aufgefordert, sich bei der Bundesregierung „für eine umfassende, generelle Kennzeichnungspflicht für gentechnologisch hergestellte Lebensmittel einzusetzen“. Bei der Hamburger Gesundheitsbehörde rennt sie damit offene Türen ein. „Wir fordern das schon seit langem“, erklärte deren Pressesprecherin Tordis Batscheider gegenüber der taz: „Schön, daß auch die GAL das jetzt unterstützt.“
Noch in diesem Monat soll die Einfuhr genmanipulierter Sojabohnen aus Amiland beginnen, in fünf Jahren soll bereits jede zweite Sojabohne eine genmanipulierte sein. Äußerlich und geschmacklich ist die Bohne, deren Öle etwa 30.000 Lebensmitteln wie Kuchen, Schokolade und Saucen beigemischt wird, nicht von herkömmlichen zu unterscheiden. Hauptimporteur ist die Firma Oelmühle im Freihafen, der größte deutschen Pflanzenölverarbeiter. Oelmühlen-Vorstandschef Arnd von Wissel beruhigte gestern: „Die neuen Öle sind gesundheitlich völlig unbedenklich.“ Deshalb gebe es auch keinen Grund, sie zu kennzeichnen.
Vor allem Hersteller von Säuglings- und Kleinkindnahrung sowie Öko-Läden und Reformhäuser lehnen die Verwendung von Gen-Soja dennoch grundsätzlich ab. „Das kommt bei uns nicht über die Theke“, verspricht Gülsen Gönenc von Hamburgs ältestem Naturkostladen „Schwarzbrot“ im Univiertel. Sie habe von ihren Hersteller-Firmen die Garantie gefordert und auch erhalten, kein genmanipuliertes Soja zu verarbeiten. Auch Greenpeace sieht die Sache prinzipiell: „Soja ist der Türöffner für andere gentechnisch veränderte Produkte“, befürchtet der Soja-Experte der Hamburger Umweltschutzorganisation, Michael Kühn. Deshalb sei die Ablehnung eine grundsätzliche, denn „Gentechnik“, so Kühn, „sprengt die Artengrenzen“.
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