: Weg vom Netz
■ Streit um AKW Krümmel spitzt sich zu
Das zur Zeit noch abgeschaltete Atomkraftwerk Krümmel bei Geesthacht darf nicht wieder ans Netz. Das liest die Landesvorsitzende des Bundes für Umwelt und Naturschutz (BUND) in Niedersachsen, Renate Backhaus, aus der am Dienstag veröffentlichten Urteilsbegründung des Bundesverwaltungsgerichts heraus. Backhaus hatte gegen eine Entscheidung des Schleswiger Oberverwaltungsgerichts (OVG) geklagt, das 1991 den Einbau eines neuen Typs von Brennelementen gebilligt hatte (taz berichtete).
Das hätte nicht geschehen dürfen, ohne vorher einen möglichen Zusammenhang zwischen dem Anlagenbetrieb und den Blutkrebserkrankungen zu prüfen, rügten die Bundesrichter und stellten damit klar, daß es „ein Ermittlungsdefizit gibt“, so Backhaus. Das OVG in Schleswig muß sich nun mit dem Fall erneut befassen. Backhaus wies darauf hin, daß Krümmel im Fall einer Rücknahme der Genehmigung für die neuen Brennstäbe nicht weiter betrieben werden könne, da die genehmigten alten Brennstäbe nicht mehr hergestellt würden.
Seit Ende der 80er Jahre sind acht Kinder und ein Jugendlicher an Blutkrebs erkrankt, drei von ihnen starben. Zwischen 1989 und 1993 wurde auch bei zehn Erwachsenen Blutkrebs festgestellt. Daraufhin wurden zahlreiche Studien erstellt, die aber keinen eindeutigen Befund zuließen. Im Juli gab das Kieler Umweltministerium eine sogenannte Leukämie-Fall-Kontrollstudie in Auftrag.
Die Betreiber des Reaktors, die Hamburgischen Electricitätswerke (HEW), interpretieren das Berliner Urteil völlig anders. Es habe keine Auswirkungen auf die noch ausstehende Zustimmung zum Wiederanfahren des Kraftwerks, erklärte HEW-Sprecher Johannes Altmeppen. Das Energieministerium in Kiel ist derweil mit Prüfungen beschäftigt. Über den Wiederanfahrantrag der HEW sei noch nicht entschieden, sagte ein Ministeriumssprecher, und das Berliner Urteil noch nicht ausgewertet. Wann ein Ergebnis vorliege, sei noch nicht abzusehen. smv
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