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Vier Jahre für Mißbrauch

■ Landgericht kritisiert „ungeheuerliche Uneinsichtsfähigkeit“ des Täters

Zu vier Jahren Haft wegen sexuellen Mißbrauchs in neun Fällen hat das Landgericht gestern einen 49 Jahre alten Elektroinstallateur verurteilt. Der Mann hatte gestanden, sich von 1988 bis 1991 an drei Schwestern vergangen zu haben. Mit den Eltern der zur Tatzeit neun, zehn und elf Jahre alten Mädchen gut befreundet, war er oft allein mit den Kindern in deren Wohnung.

Die Vorsitzende Richterin Gertraut Greng kritisierte in der Urteilsbegründung die „ungeheuerliche Uneinsichtsfähigkeit“ des Angeklagten. Er habe die Taten vor Gericht verniedlicht und seine „Zärtlichkeit“ gegenüber den Kindern betont. Damit hatte Verteidiger Ernst Rösler argumentiert: Sein Mandant habe keine Gewalt angewendet und sei „nicht derjenige, der Opfer überfällt oder bedroht“. Richterin Greng: „Wir meinen, daß die Bevölkerung, insbesondere die Männer, darüber aufgeklärt werden müssen, was sie mit ihren Taten anrichten. Sie schädigen zutiefst die Psyche von Kindern, die möglicherweise lebenslange Schäden davontragen“. Die Nebenklageanwältin Karin Prasetyo hatte am Vortag gemahnt: „Gerade für die leisen Täter, die allmählich das Leben eines Kindes vergiften, muß ein Zeichen gesetzt werden“.

Die Staatsanwaltschaft hatte eine fünfeinhalbjährige Haftstrafe gefordert. Der Mann habe „bis heute nicht das Ausmaß des von ihm begangenen Unrechts eingesehen“ befand Anklägerin Wiebke Weick. Das Vertrauen der Eltern erschlichen, habe er die Mädchen „stets bedrängt“ und sie in jedes Zimmer verfolgt. Pausenlos hätten sie sich gegen den Mißbrauch wehren müssen. Eine der Schwestern habe sich mit Schulaufgaben zurückzuziehen versucht, eine andere habe ihre Zahnspange getragen, um nicht geküßt zu werden. Der Mann sehe sich nicht als „Kinderschänder“, wie die Staatsanwaltschaft sich ausdrückte, sei aber einer.

lno/taz

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