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Kredit und Know-how für Habenichtse

■ In Planung: Hamburger „Armen-Bank“ nach französischem Vorbild

„Good Vibration“ würde der freundliche kleine Pornoladen für Frauen heißen, den Sabine gerne im Sternschanzenviertel aufmachen würde. Abena träumt von einen „African Cook Shop“, der für Fufu mit Erdnußsoße auf dem Mittagstisch im umtriebigen Ottensen sorgen soll. Werner will dagegen einen kleinen Kiosk, egal wo. Alle drei haben eines gemeinsam: Sie sind geschäftsuntüchtige Habenichtse und als solche nicht kreditwürdig. Denn wer erst einmal arbeitslos ist, womöglich von Sozialhilfe lebt und nicht mal ein Girokonto hat, dessen Idee kann noch so brillant daherkommen, sie ist chancenlos.

Französische Entwicklungshilfe muß her, dachte sich der Hamburger Michael Schirmacher, nachdem er im Fernsehen einen Bericht über die „Armen-Bank“ ADIE in Frankreich gesehen hat. Das Projekt in Paris besucht, die Lawaetz-Stiftung für die Idee interessiert und die Hamburger Behörden aufgescheucht – all das ist bereits geschehen. Gestern trafen sich die Akteure aus Bezirk, Stiftung und Behörden zum zweiten Mal, um über eine Umsetzung zu beraten.

Auf den ersten Blick wirkt das französische Vorbild bestechend: die Rückzahlquote des 1991 eingeführten Projekts liegt bei 97 Prozent, inzwischen sind rund 150 ADIE-Mitarbeiter mit Kreditvergabe, Beratung und Begleitung der Kunden beschäftigt. Das Motto: Lieber in einen kleinen Betrieb investieren als in die Arbeitslosigkeit.

ADIE arbeite zwar erfolgreich, aber es dürfe auch nicht verschwiegen werden, daß nur zu 20 Prozent kostendeckend gearbeitet werde, so Jan Evers aus der Senatskanzlei. Die Beratung für die werdenden Geschäftsleute ist zeit- und kostenintensiv und wird vom Staat subventioniert.

Jonna Schmoock vom Bezirksamt Altona will vom Initiator erst einmal wissen, was daran eigentlich neu sein soll. Existenzgründungsprogramme und Beratungen gebe es doch schon, zum Beispiel von der Lawaetz-Stiftung, aber auch von den Behörden. Da kann Angelika Klein-Weber von der Wirtschaftsbehörde, Abteilung Wirtschaftsförderung Aufklärung anbieten: „Die Wahrheit ist doch, daß die Banken, aber auch die Beratungsstellen, die Kleinbetriebe nicht an die Hand nehmen.“ Zwar gebe es ein großes Förderungsangebot in Hamburg, aber auch ein „Defizit an fachgerechter betriebswirtschaftlicher Betreuung“. Die Möchte-gern-Selbständigen ohne Eigenkapital und Know-how fallen durch eine Angebotslücke. „Die ganze Vorarbeit, bis eine Idee überhaupt bankfähig ist“, winkt Klein-Weber ab. Genau diese Lücke, so Klein-Weber, könnte ein Projekt wie ADIE in Hamburg füllen. Die Frage ist nun: wie. Silke Mertins

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