: Ticket ins Gefängnis
Ivorischer Flüchtling soll abgeschoben werden, trotz Verfolgung an der Elfenbeinküste ■ Von Elke Spanner
Der Flieger nach Abidjan wird einen unfreiwilligen Passagier an Bord haben. José K. soll am Donnerstag an die Elfenbeinküste zurückkehren. Das Ticket ist bestellt. Doch nicht von ihm, sondern von der Hamburger Ausländerbehörde. Die will den Ivorier in das Land abschieben, aus dem er 1994 vor politischer Repression geflohen war.
1992 beginnt José K. sein Jurastudium an der Universität Abidjan und tritt der „Vereinigung der Studenten und Schüler der Elfenbeinküste (FESCI)“ bei. Für die Rechtsfakultät wird er „Sekretär für Information“ der FESCI. Auch in der „Groupe des Actions Concretes (GAC)“ engagiert er sich, die als Geheimgruppe der FESCI die Verbreitung der politischen Ideen durch Aktionen flankiert. Damit ist sein weiterer Weg vorgezeichnet: Immer wieder wird er verhaftet, zuletzt im Mai 1994 nach einem Protestmarsch der FESCI. In der Polizeischule von Abidjan wird er festgehalten, geschlagen und mit Elektroschocks mißhandelt. Schließlich wird er gezwungen, eine Austrittserklärung zu unterschreiben. Dennoch bleibt er für die FESCI aktiv. Als er schließlich sein Konterfei auf einem Fahndungsfoto wiederfindet, flieht er nach Deutschland.
Auch in Hamburg sitzt José K. jetzt im Gefängnis – in Abschiebehaft. Denn sein Asylantrag wurde abgelehnt, ebenso der Eilantrag gegen die drohende Ausweisung. Das Bundesamt für die Anerkennung ausländischer Flüchtlinge begründet seine Ablehnung damit, daß José K. nicht der Führungsebene der FESCI angehört habe. Und für einfache Mitglieder sei eine politische Verfolgung auszuschließen.
Etwas anderes sagen die Fakten. Und nicht zuletzt der Sicherheitsminister der Elfenbeinküste selbst. General Gaston Ouassénan Koné verkündete im Dezember 1995 vor der Presse: „Seit 1991 betrachten wir die FESCI als aufgelöst. Jeder, der sich als FESCI-Mitglied bezeichnet, wird als Gesetzloser betrachtet.“
Und so behandelt. Amnesty international sind Verhaftungen von mindestens acht einfachen FESCI-Mitgliedern bekannt, die im September 1995 länger als zwei Monate ohne Anklage geheim gefangen gehalten und gefoltert wurden. Ouassénan Koné bestätigte bei ihrer Freilassung, daß die Studenten allein wegen ihrer FESCI-Mitgliedschaft verhaftet worden waren. Das Verwaltungsgericht Ansbach ließ demzufolge kürzlich die Einwände eines einfachen FESCI-Mitgliedes gelten, die er gegen seine Abschiebung vorgebracht hatte.
Daß die ivorischen Behörden die politische Opposition unterdrücken, ist außerhalb der Ausländerbehörde auch in Hamburg kein Geheimnis. Die „Hamburger Stiftung für politisch Verfolgte“ hatte im Frühjahr mehrere JournalistInnen von der Elfenbeinküste eingeladen. In ihren Vorträgen, sagt die Stiftungsgeschäftsführerin Martina Bäuerle, hatten sie auch von politisch motivierten Verhaftungen und Mißhandlungen berichtet.
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