: Eigentlich nie Ausländerfeindlichkeit
Lebenswege: Ein iranisch-deutsches Ehepaar berichtet ■ Von Stefanie Winter
Ihre Kinder tragen zwei Vornamen – einen persischen und einen deutschen. Sie sollen selbst entscheiden, welchen davon sie als Erwachsene behalten möchten. Religion, meinen die Eltern, spiele bei der Erziehung eine Nebenrolle. Weihnachten feiert die Familie genauso wie das persische Neujahrsfest. Und ansonsten sollen die Kinder möglichst viele Glaubensrichtungen kennenlernen, um auch hier eine Wahl zu haben. Mit Ausländerfeindlichkeit werde die Familie „eigentlich nie“ konfrontiert. „Wenn, dann bei den Behörden“, schränkt die 39jährige Iranerin ein. Wann? „Immer.“
Ein iranisch-deutsches Ehepaar berichtete am Montag abend über seine Lebenswege in einer ebenso benannten Gesprächsreihe, die vom Ausländerbeauftragten des Senats gemeinsam mit der „Geschichtswerkstatt St. Georg“, dem Verband binationaler Familien und der „Neuen Gesellschaft“ veranstaltet wird. Ihren Namen möchte die Frau lieber nicht in der Zeitung geschrieben sehen. Vielleicht, weil – wie sie später den Zuhörenden erklärt – es unter Iranern sehr wichtig ist, eine perfekte Fassade aufrecht zu erhalten. Sie will nicht, daß ihre in Hamburg lebenden iranischen Verwandten ihre Geschichte als eine öffentliche entdecken.
Nach ihrer Flucht aus dem Iran vor 13 Jahren habe sie sich zwar einsam, aber sofort sehr frei gefühlt, sagt die studierte Ökonomin. Und bald schon entschieden, daß sie lieber keinen Iraner heiraten möchte. Die deutschen Männer hätten schon „viel gelernt“, ist sie überzeugt. Nach zwei Jahren lernte sie ihren jetzigen Mann kennen, weitere zwei Jahre später heirateten sie. Und obwohl ihre Eltern das akzeptiert hätten, gelte die Heirat mit einem Ausländer dennoch als Schande. Ihr werde das bei Besuchen im Iran auch jetzt noch angetragen, „hintenrum“. Ihr Mann hingegen schildert seine Aufnahme in der Familie als überaus herzlich. Es sei also, meint eine mit einem Afrikaner verheiratete Zuhörerin, genauso wie hier: Die Frauen in binationalen Partnerschaften werden stärker diskriminiert.
Jede vierte Ehe in Hamburg ist mittlerweile eine zwischen Menschen verschiedener Nationalität. Auch die daraus entstehenden Schwierigkeiten wollen die Veranstalter mit der Gesprächsreihe verdeutlichen. Das iranisch-deutsche Ehepaar meinte beinahe entschuldigend, damit jedoch nicht dienen zu können. Und die Frage eines Zuhörers nach ihrer „wahren Identität“, so die Iranerin, verstehe sie einfach nicht.
Die Gespräche – moderiert von Michael Joho – werden am 19. November um 20 Uhr mit einem nigerianisch-deutschen Ehepaar in der „Ausländerinitiative St.Georg“, Lange Reihe 30-32, fortgesetzt.
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