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Kein Schutz für Alte und geistig Behinderte?

■ Ärztekongreß streitet über Bioethik. „Nürnberger Thesen“ nicht verabschiedet

Nürnberg (taz) – Ein unüberhörbares Signal für die Rechte der Patienten wollte die deutsche Sektion der Internationalen Ärzte für die Verhütung des Atomkrieges (IPPNW) mit dem dreitägigen Kongreß „Medizin und Verantwortung“ setzen. 50 Jahre nach den Nürnberger Ärzteprozessen sollte an dem Ort, an dem 23 Ärzte für ihre grauenvollen Taten während der Nazidiktatur angeklagt waren, 10 Thesen verabschiedet werden, die eindeutig Stellung nehmen zu den aktuellen Auseinandersetzungen um Transplantationsmedizin, Gentests und Sterbehilfe. Die Chance ist vertan. Auf der gestrigen Abschlußveranstaltung mußte die IPPNW eingestehen: „Wir sind dazu nicht in der Lage.“

Die „10 Nürnberger Thesen“ sollten als Abschlußerklärung auf dem Kongreß verlesen werden. Doch schon im Vorfeld war das Papier kräftig kritisiert worden. Es falle hinter den Diskussionsstand weit zurück, hieß es bei vielen Teilnehmern. So spreche es sich nicht gegen medizinische Experimente an nicht einwilligungsfähigen Patienten aus.

Eine Diskussion der Thesen auf dem Kongreß war nicht vorgesehen. Sie sollten nach dem Motto „Wie verkündet, so beschlossen“ verabschiedet werden. Erst die Unmutsäußerungen der Teilnehmer führten dazu, daß eine Korrektur vorgenommen wurde. Der IPPNW-Vorstand beschloß, den Satz „Vor fremdnütziger Forschung muß der Patient geschützt werden“ mit in die Erklärung aufzunehmen. Damit soll sichergestellt werden, daß keine Versuche an Altersdementen oder geistig Behinderten durchgeführt werden dürfen, wenn diese keinen individuellen medizinischen Nutzen davon haben. Die Thesen werden nun als Grundlage für eine breite Diskussion dienen. Erst danach soll eine abschließende Erklärung erfolgen.

Wolfgang Löhr Tagesthema Seite 3

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