: Hinten runtergefallen: die Krad-Frauen
■ betr.: „Ein letztes Pröttern zum Saisonende“, taz vom 25.10. 96
Natürlich sind die „Krad- Frauen“ mal wieder hinten runtergefallen – und so wenige sind das gar nicht. Trotzdem, im großen und ganzen bin ich ähnlicher Meinung betreffend Kavalierstarts an der Ampel, Schmerbauch und Putzwollbart, aber auch was das erhebende Gefühl beim Motorradeln angeht; vor allem bei richtig schönem Wetter.
Nur einige Anmerkungen zum „sinnlos durch die Gegend knattern“:
Ist der Unterschied zum Auto wirklich so groß? Wenn ich an der Ampel stehe und mir die Pkw- Endlosschlangen anschaue, sehe ich in nahezu jedem Wagen nur eine Person sitzen und übermäßig beladen wirken die Fahrzeuge auch nicht. Es ist also wohl nix mit dem sinnvollen Transport mehrerer Menschen oder Sachen von A nach B. Und wenn man will, geht in die Packtaschen eines Motorrads ja auch ordentlich was rein.
Den Weg zur Arbeit, der in der Regel wieder ein Ein-Personen- Transport ist, läßt sich genauso auf dem „Bock“ zurücklegen und das Herumfahren ohne Sinn und Zweck wird im gemütlichen Auto – für so manchen das „zweite Wohnzimmer“, in dem die Windschutzscheibe den Fernseher ersetzt – bei jedem Wetter praktiziert. Nicht zu vergessen, die ebenso sinnlosen Kurzstrecken fürs „mal eben Zigaretten holen“, abends in die Kneipe um die Ecke und ähnlichen Quark.
Überhaupt – man stelle sich mal vor, die Post würde ihren Versanddienst so gestalten (und entsprechende Gebühren verlangen): Für den Transport eines Versandguts von durchschnittlich 80 Kilogramm wird ein Behälter von mehreren Tonnen Gewicht benutzt, der zum Großteil aus Sondermüll besteht, dessen Betrieb viel Energie kostet und obendrein noch gefährliche Emissionen verursacht. Das genau ist aber das Verhältnis von „Inhalt“ Mensch zu „beweglicher Verpackung“ Auto. Also ungefähr so ökonomisch wie ein Castor-Transport.
An die „Nebenkosten“ für Straßenbau, Möblierung unserer Städte, Reparation von Umwelt-, Unfall- und Gesundheitsschäden usw. denkt man lieber erst gar nicht. Der angeblich so teure Personennahverkehr trägt sich – mit leichten Unterschieden in den einzelnen Bundesländern – immerhin zu etwa 50 Prozent selbst, der Autoverkehr wird zu über 70 Prozent mit Subventionen, das heißt Steuergeldern gefüttert – und damit ist nicht die Kfz-Steuer gemeint!
So gesehen ist mir ein Krad- Fahrer mit seinem doch wesentlich leichteren Vehikel, das bei richtig eingestelltem Motor auch weniger Sprit verbraucht und für das vom Nutzer etwas angemessenere Steuerbeiträge gezahlt werden müssen, immer noch relativ sympathisch.
Ich persönlich halte es am liebsten mit dem ökonomischsten Fahrzeug überhaupt: dem Fahrrad – kein Stau und kein Gestank, keine Steuern und keine Parkplatzsorgen. Und für Transporte bis 100 Kilogramm hab' ich meinen Anhänger. Chris Schweikart,
Frankfurt/Main
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