: Unterm Strich
Dänemarks Regierung hat sich bei Salman Rushdie entschuldigt. Damit sind die Querelen um die Einreiseverweigerung für den im Exil lebenden Schriftsteller allerdings nur auf einen späteren Zeitpunkt verschoben worden. Ministerpräsident Poul Nyrup Rasmussen sagte bei einer Pressekonferenz, es habe bei der Umsetzung von Regierungsbeschlüssen zu einer in Kopenhagen geplanten Preisverleihung an den von islamischen Fundamentalisten bedrohten Autor lediglich „Mißverständnisse“ gegeben.
Rasmussen sagte: „Die Beschlüsse selbst waren in Ordnung, wurden Rushdie aber auf mangelhafte und nicht zufriedenstellende Weise übermittelt. Dafür entschuldigen wir uns vorbehaltlos.“ Rushdie sollte ursprünglich am 14. November in Kopenhagen zusammen mit dem Österreicher Christoph Ransmeyer und dem dänischen Übersetzer Thorkild Björnvig den Aristeion-Preis der EU erhalten. Mittlerweile wird in Kopenhagen an Plänen für ein anderes Datum vor dem Jahreswechsel gearbeitet.
Zuvor hatte die zeitweilige Abweisung Rushdies eine Krise in Dänemarks Regierung ausgelöst. Oppositionsführer Uffe Ellemann-Jensen von den Rechtsliberalen und der Konservative Hans Engell wollen wegen der verweigerten Einreise für Rushdie einen Mißtrauensantrag stellen (s. taz, 4.11.).
Der Vorsitzende der Aristeion-Jury, Thomas Haarder, drohte in Kopenhagen mit der Verlegung der Preisverleihung in ein anderes Land, falls die Regierung nicht ausdrücklich garantiere, daß die Zeremonie „in würdiger Form, frei für die Öffentlichkeit und nicht in einem abseitigen Schuppen“ stattfindet. Es müsse völlig sicher sein, daß alle drei Preisträger teilnehmen. „Dies sind ultimative Forderungen“, sagte Haarder weiter. Der Aristeion-Literaturpreis ist mit jeweils 20.000 Ecu (38.600 Mark) dotiert.
Rushdie selbst hat sich am Montag verärgert über die Entschuldigung geäußert. In einem Interview des dänischen Rundfunks sagte Salman Rushdie, die von Ministerpräsident Rasmussen angeführten „Mißverständnisse und Kommunikationsprobleme“ als Begründung reichten nicht aus, weil sie die wichtigste Frage unbeantwortet lassen. Er verlange vor allem eine Erklärung dafür, warum die Absage der Zeremonie von Dänemarks Regierung bereits Anfang Oktober beschlossen, ihm aber erst drei Wochen später mitgeteilt wurde.
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