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Durchs DröhnlandSchicksal Wildleder

■ Die wichtigsten und überflüssigsten Konzerte der kommenden Woche

Das Gemeinste, was man über Townes Van Zandt sagen kann, ist, daß der unsägliche Christoph Dieckmann einer seiner größten Fans ist. Aber dafür kann Van Zandt ja nichts, daß der Zeit-Schreiberling meint, seine Texte ins Deutsche umdichten zu müssen.

Und er ist ja auch nicht der erste, der sich auf dem Rücken von Van Zandt sein eigenes Weihwässerchen kocht, sich im schummrigen Barlicht sonnen möchte, das seine Songs ausstrahlen. So hat Van Zandt wenigstens sein kleines Auskommen mit den paar Tantiemen, weil Emmylou Harris, Willie Nelson oder Waylon Jennings einige seiner Songs doch noch berühmt gemacht haben.

Doch weiterhin wartet Van Zandt auf den vom Spiegel angeblich beobachteten „Karrieresprung vom Geheimtip zum Popstar“, und er wird weiter warten dürfen. Zu spartanisch fallen die Töne, zu gewichtig die Lyrik, zu unverzichtbar die kleinen Zwischentöne, die wahrzunehmen es Sensibilität braucht und nicht nur ein Paar Cowboystiefel und den Whiskey. Wer sich einläßt, der kann dann aber vielleicht das sanfte Klackern der Eiswürfel im Glas hören.

8. 11., 21 Uhr, mit den Schramms, Huxleys Junior Cantina, Hasenheide 108

Mit den Zwischentönen haben es Zeni Geva aus Tokio eher weniger. Deren Mastermind K. K. Null hat es sich zum Ziel gesetzt „so laute und extreme Musik wie möglich zu machen“. Was dem Trio ohne Zweifel gelingt und sie längst zu einem der beherrschenden Einflüsse der momentan hier so angesagten japanischen Noise- Szene gemacht hat. Die bleiern torkelnden Gitarren und der herausgekotzte Gesang erinnern normal Sterbliche zwar sehr an gewisse heimische Death-Metal-Versuche, aber Null läßt gerne verlauten, daß er Metal gar nicht mag. Privat ist er eher der Klassik zugeneigt.

8. 11., 23 Uhr, Tacheles, Oranienburger Straße 53–56

Überraschungsparty für alle Raver, denn der gute Moby hat beschlossen, zumindest vorübergehend seine Bretter lieber im Punkbereich abzustellen. Kein Sampling, keine Dance- Beats, statt dessen breite, breitere, breiteste Gitarren. Deshalb gibt es auch eine ganz klassische Vorgruppe. Und die Geschichte von Goldfinger ist so hübsch und wahrscheinlich erlogen, daß sie nicht unerzählt bleiben soll: Los Angeles ist bekanntlich eine Stadt, in der es nur so wimmelt von angehenden und verhinderten Schauspielern und Musikern. Weil die sich ja nicht den ganzen Tag die Füße in Vorzimmern von Plattenfirmen und Filmproduktionen platt stehen können, arbeiten sie manchmal auch ein bißchen.

So wie John Feldmann, der als Schuhverkäufer jobbte. Als solcher deponierte er einem Plattenfirmenmitarbeiter eine Demokassette seiner Band Goldfinger ins gerade erworbene Schuhwerk, das übrigens aus grünem Wildleder bestand (Legenden brauchen Details!). Kurz und gut: Nur wenig später war die Single „Here in Your Bedroom“ ein ebenso einfach gestrickter wie wundervoll eingängiger Punkrockknaller, eine kleine lokale Sensation.

10. 11., 20.30 Uhr, Loft, Nollendorfplatz

In den USA wird Dale Watson schon mal als „die Antwort der Country Music auf ihre Gebete“ bezeichnet. Was zum einen zeigt, daß sie es bitter nötig hatte, zum anderen, daß man von Watson keine innovativen Wunderdinge zu erwarten hat. Seine Kapelle spielt einen soliden traditionellen Country, der nicht ohne Steel Guitar, aber mit einem Minimum an Schmalz auskommt, was die US-Presse dann gleich „hardcore honky tonk“ nennt. Seine Balladen sind hübsch, die Uptempo-Nummern Squaredancekompatibel, aber er ist immerhin mal ein neues Gesicht in einem Geschäft, in dem die Namen wie Wein mit dem Alter immer wertvoller werden. In fünf Jahren dürfte Watson das Schicksal von Dwight Yoakam erlitten haben und zum Klassiker geworden sein.

13. 11., 21 Uhr, Huxleys Junior Cantina

Und Little Axe ist das, was der Blues bekam, als seine Gebete erhört wurden. Eine Musik, die seit über 100 Jahren auf einen Quantensprung wartet, wird auch noch mal 100 Jahre warten müssen, aber immerhin hat Skip McDonald den Blues jetzt an aktuelle musikalische Entwicklungen angedockt, ohne dabei den Respekt vor dem altehrwürdigen Genre an der Garderobe abzugeben. Dafür sorgt schon die personelle Kontinuität, denn McDonald war schon vor einem Vierteljahrhundert ein gefragter Studio- und Session-Gitarrist.

In den letzten Jahren hat er als Musiker und Remixer für Adrian Sherwood gearbeitet und sich so auf den aktuellen Stand gebracht, wenn er die Regler für Megadeth oder Nine Inch Nails bediente. Beide Stränge vereint er nun in Little Axe und auch wenn ihm das eine oder andere Stück eine Spur zu geschmäcklerisch gerät, sind die entspannt purzelnden Dance-Beats unter dem unaufregten Blues-Schema doch eine Offenbarung. Plötzlich ist der Blues keine Musik mehr, in der alles nach Authentizität und Museum schreit, sondern etwas, das lebt.

13. 11., 20.30 Uhr, Loft

Halmakenreuther hieß nicht nur Loriot in jenem berühmten Bettenverkäufer-Sketch, sondern nennt sich ein Quartett vom Prenzlauer Berg. Als sie mit einer Coverversion von Take Thats „Back For Good“ debutierten, war das noch Funpunk, doch die aktuelle Single „Invisible“ ist klassischer Melody-Core. Recht hübsch mit quietschenden Gitarren und deswegen wenig zeitgemäß — und so hat man sich auch gleich noch ein paar Dance-Versionen abmischen lassen.

14. 11., 20 Uhr, Pfefferberg, Schönhauser Allee 176 Thomas Winkler

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