: UN-Sicherheitsrat läßt Flüchtlinge verhungern
■ Mitgliedsländer können sich nicht auf eine Strategie gegen die Katastrophe in Ostafrika einigen. Hilfsorganisation Ärzte ohne Grenzen warnt: 1.200 Tote pro Tag
Goma (AFP) – Wegen erheblicher Meinungsverschiedenheiten über die angemessenen Vorgehensweisen hat der UN-Sicherheitsrat am Wochenende keine konkreten Maßnahmen beschlossen, um den mehr als eine Million Menschen im Osten Zaires zu Hilfe zu kommen. Die US-Delegation bestand nach Angaben von UN-Diplomaten darauf, daß vor einer internationalen Intervention ein Waffenstillstand vereinbart werden müsse. Frankreich konnte sich mit der Forderung nach einem sofortigen Einsatz nicht durchsetzen. EU-Kommissarin Emma Bonino äußerte sich erzürnt. Die sterbenden Flüchtlinge könnten „ihr Wochenende nicht auf Long Island verbringen“, sagte sie mit Blick auf die Lebensverhältnisse von UN- Diplomaten. UN-Unterorganisationen warteten für Hilfskonvois auf grünes Licht des Sondergesandten Raymond Chretien. Der Christoffel-Blindenmission gelang es erneut, Medikamente nach Goma zu bringen.
„Es ist extrem frustrierend, mehr Hindernisse auftauchen zu sehen als Lösungsversuche“, sagte Chretien bei einem Aufenthalt in der zairischen Hauptstadt Kinshasa. Die Regierung Zaires erklärte sich zwar mit einem internationalen Militäreinsatz auf ihrem Gebiet einverstanden, beharrte aber darauf, daß Lebensmittel an die Hutu-Flüchtlige nur auf ruandischem Gebiet ausgegeben werden sollten. Die humanitäre Hilfe müsse nach Ruanda geschickt werden, sagte der zairische Ministerpräsident Kengo wa Dondo nach einem Gespräch mit Chretien.
Die Hilfsorganisation Ärzte ohne Grenzen (MsF) erklärte, nach Erfahrungen in ähnlichen Situationen müsse angenommen werden, daß im Osten Zaires zur Zeit täglich 1.200 Menschen sterben. „In solchen Situationen klettert die Sterberate bis auf zehn pro 10.000 Menschen am Tag“, heißt es in einer Erklärung. Die Sprecherin des Welternährungsprogramms (WFP), Brenda Barton, sagte, ihre Organisation wolle Erkundungsteams nach Zaire hineinschicken, um die Möglichkeiten einer Versorgung der Flüchtlinge mit Lebensmitteln zu ermitteln. Sobald Chretien die Entsendung für richtig halte, könnten Lastwagen mit 15 Tonnen Lebensmitteln von Gisenyi nach Goma und von Cyangugu nach Bukavu fahren.
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