Das Portrait
: Der Rezzo von Mainz?

■ Hans-Jörg Berlepsch

Der Mann kann einen Grand Cru aus dem Medoc von einem Grand Cru aus der Touraine unterscheiden. Schon das unterscheidet ihn von vielen seiner grünen Parteifreunde in Mainz, die lieber Apfelmost und Kräutertee goutieren. Und so haben sie den promovierten Historiker und amtierenden Verkehrsdezernenten der rheinland-pfälzischen Kapitale mit nur einer Stimme mehr als nötig zu ihrem Kandidaten für das Rennen um den Oberbürgermeistersessel gewählt. Hans-Jörg Berlepsch (46) soll morgen für die Bündnisgrünen den „Mainzer Klüngel“ aus CDU, SPD und FDP, MCC und MCV (Fastnachtsvereine) und Mainz 05 aufmischen.

„Mehrheit ist Mehrheit“, sagt Berlepsch selbstbewußt auch und gerade an die Adresse der Basis, die lange nach einer Frau als Kandidatin suchte, aber keine fand. Weil Berlepsch (auch) eine Apfelsorte ist, verteilte er im Wahlkampf kleine grüne Äpfelchen, als Anstecker und in natura, aus ökologischem Anbau, versteht sich. Oder er lud die BürgerInnen zur Rotweinprobe in einen der Gewölbekeller der Altstadt ein.

„Das war ein sehr erfolgreicher Wahlkampf“, sagt Berlepsch, auch wenn sich ihm beim Anblick einiger Wahlkampfhelfer oft „die Nackenhaare gesträubt“ hätten: „Kippe im Mund und Weltuntergangsstimmung im Gesicht. So kann man keine Wählerstimmen aus dem bürgerlichen Lager abgreifen.“ Der Kandidat mit Schlips und Anzug in der falschen Partei? Er sei bei den Bündnisgrünen schon richtig. Aber die anderen?

Der Rezzo von Mainz will er also werden. Die Auguren prophezeien ihm bis zu 20 Prozent der Wählerstimmen. Für seinen Konkurrenten Norbert Schüler (CDU) und Jens Beutel (SPD) werden je 35 Prozent prognostiziert. Also keine Chance für Berlepsch, in den zweiten Stichwahlgang zu kommen? Der verheiratete Vater von zwei Kindern gibt, gerade nach dem ersten Wahltriumph von Rezzo Schlauch in Stuttgart, die Hoffung nicht auf. Denn seine Themen sind bei den MainzerInnen durchaus mehrheitsfähig: Ausbau des Straßenbahnnetzes, keine Müllverbrennungsanlage am Stadtrand – und keine Steuermillionen für den Neubau des Stadions von Mainz05. Gelinge ihm das Unmögliche, sei das natürlich der Partei geschuldet, so Berlepsch süffisant. „Aber wenn ich untergehe, bin ich allein schuld.“ Klaus-Peter Klingelschmitt