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Russische Mars-Mission gescheitert

■ Schwerer Rückschlag für die ums Überleben kämpfende russische Raumfahrt

Moskau (AP) – Die Erkundung des Planeten Mars bleibt vom Pech verfolgt. Die am Samstag mit großen Hoffnungen gestartete russische Mars-Mission scheiterte schon in der Erdumlaufbahn, weil die vierte Stufe der Protonrakete nicht wie vorgesehen zündete. Es war ein schwerer Rückschlag für die finanziell am Abgrund stehende russische Raumfahrt, die mit „Mars 96“ ihr Können beweisen wollte.

Nach dem Start der Protonrakete um 21.48 Uhr (MEZ) vom Raumfahrtzentrum Baikonur in Kasachstan zündeten die ersten drei Stufen zunächst wie geplant. Die Kontrollstationen in Ewpatorija in der Ukraine und bei Moskau konnten dann aber nur hilflos mit ansehen, wie die vierte Stufe versagte. Die Ursache war zunächst nicht bekannt. Aufschluß erhoffen sich die Wissenschaftler jetzt von der Auswertung der letzten Daten. Der Orbiter „Mars 96“ kann nicht länger als 30 Tage die Erde umkreisen und wird danach wieder in die Erdatmosphäre eintauchen. Nicht auszuschließen ist, daß Teile auf die Erde herabstürzen. Nach Mitteilung von Experten hat die Sonde Plutonium an Bord.

„Der mißglückte Start ist ein sehr schwerer Rückschlag für das internationale Programm der Mars-Erforschung“, sagte der amerikanische Spezialist für die russische Raumfahrt, James Oberg. „Die Russen versuchen zu demonstrieren, daß sie immer noch die richtige Ausrüstung haben, aber das stimmt nicht.“ „Mars 96“ sollte bis September nächsten Jahres die 78 Millionen Kilometer zum roten Planeten zurücklegen und vier Sonden zur Marsoberfläche schicken. Der Orbiter sollte dabei eine Marsumlaufbahn einschlagen.

„Mars 96“ war das erste seit zehn Jahren von Rußland entwickelte neue Weltraumprojekt. Die Raumfahrtindustrie der einstigen Supermacht kämpft inmitten von Wirtschaftskrise und wirtschaftlichen Reformen um ihr Überleben. Die meisten Mittel gehen aber in die Aufrechterhaltung der alten Raumstation „Mir“, deren Besatzung ausgetauscht und mit Nahrungsmitteln versorgt werden muß. Oberg erklärte, den russischen Raumfahrtexperten sei die Zeit davongelaufen. „Sie haben es auf der Startrampe zusammengebaut“, sagte Oberg. „Zwei Wochen vor dem Start bauten sie immer noch.“ Die Russen waren so sehr in Eile, weil für den Start zum Mars nur ein relativ kurzer Zeitraum zur Verfügung steht. Der nächste hätte dann erst in zweieinhalb Jahren erfolgen können.

An der russischen Mars-Expedition beteiligten sich nach Angaben der Deutschen Forschungsanstalt für Luft- und Raumfahrt noch 14 Länder, darunter auch Deutschland, Frankreich und die USA. An Bord waren 20 wissenschaftliche Experimente, zwei kleine Landestationen für Oberflächenmessungen und zwei Geräte, die Bodenproben nehmen sollten. Die deutschen Wissenschaftler beobachteten mit besonderem Interesse die beiden von der DLR entwickelten Stereokameras, die Oberflächenaufnahmen machen sollten. Lynn Berry

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