: Der „Super“-Mario Von Thomas Gsella
Was immer man von Reis und Nudeln sagen mag: In einen Topf gehören sie nicht. Und schon sind wir bei Gastro. Gastro ist in, Thema, zieht Leser. Gerade junge freche Metropolenmagazine bringen, so sprudelte mir eine heiße Quelle zu, regelrechte „Gastro-Strecken“ mit sicherlich recht peppig formulierten Speiserezensionen. Auf Gastro spezialisierte Kritiker gehören heute zu den hochbezahltesten! Doch wer oder was ist eigentlich Gastro?
Das Wort stammt aus dem Toskanischen und bedeutet Gabriel (Ga wie Ga, stro wie briel). Schriften aus dem späten 18. Jahrhundert berichten übereinstimmend von einem Tausendsassa dieses Namens, der nahe Florenz das Licht der Welt erblickte und schon im Alter von knapp 13 Jahren mit einem Spielkameraden das folgende Gespräch führte:
„Vor einer Woche waren wir bei Tante Mona in Umbrien. Sie hat den größten Bauernhof der Grafschaft, sogar Rinder und Schweine. Ui, da wurde was aufgefahren.“
„Was gab's denn?“ wollte Gastros Freund Mario wissen.
„Das sage ich dir nur, wenn du mir deine Schuhe schenkst“, sagte Gastro. Da wurde Mario kurz still. Weil er allerdings zwar auch schon 13, aber dumm wie ein Storchküken war, schnürte er seine Schuhe auf und gab sie her. Sofort erzählte Gastro lang und breit von gefüllten Hasenrücken, Rinderwurst an Möhren, eingelegten Froschbeinchen mit Heidelbeergelee und was er sonst noch alles reingeschaufelt hatte. „Und?“ fragte Mario, „hat's geschmeckt?“
Der gewitzte Gastro antwortete: „Das sage ich dir nur, wenn du mir deinen Mantel schenkst.“ Mario, der ja in dieser kurzen Zeit nicht klüger geworden war, löste die Kordel seines groben Leinens und überließ in Gastro. Der sagte wie versprochen: „Jaja, lecker. Das meiste jedenfalls. Ab und zu auch nicht so lecker.“
Wie die toskanischen Schriften weiter berichten, wollte der verlorene Furz und Oberesel Mario von da an jeden Abend wissen, was bei Gastros auf den Tisch gekommen war – warum, wußte dieser Brummaffe ja selber nicht –, und schon bald mußte Marios Familie auswandern, denn schnell hatte die oberblöde Sau von Sohn all ihren Besitz dem Gastro vermacht! Gastro aber lebte fortan gut und munter, aß zeitlebens prima Zeugs und ließ auch sonst nichts mehr anbrennen. Er starb, bekannt als großer alter Mann der Mahlzeitenbeschreibung, auf einem Schlößchen an der Côte d'Azur.
Nach dem Gehörten ist es andererseits kein Wunder, daß noch zu Lebzeiten Gastros etliche Gastro- Kritiker auftraten, die meinten, so gehe es ja letztendlich nicht, man könne doch auch kostenlos verraten, ob das Abendessen lecker war.
Stimmt. Nicht schmecken tut zum Beispiel ein Gericht, das ich kürzlich kreiert hab' und vor dem ich warnen muß, weil's rein überhaupt nicht hinhaut, nämlich drei Pfund Schälkartoffeln mit Kohlrabi und sonst nichts. Ich hatte sonst nichts im Kühlschrank, kochte beides zusammen auf, und schon nach zehn Minuten dachte ich: Herrje, was eine beige Superscheiße! Als es weich war, tat ich verzweifelt Salz hinzu, nahm den Stampfer, probierte schließlich einen kleinen Löffel und schüttete den Mist sofort ins Klo. Dann ging ich fein essen.
Demnächst verrat' ich, ob's geschmeckt hat.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen