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Scientology-Giftliste kriegt neuen Titel

Hamburger Mieterverein darf Sekten-Makler nur noch einzeln outen  ■ Von Marco Carini

Darf man Mitglieder der US-Sekte „Scientology“ oder Firmen, die nach der Technologie des Sektengründers Hubbard arbeiten, ungestraft als Scientologen outen? Die Antwort ist ein entschiedenes „Jein“. Darauf jedenfalls einigten sich gestern vor dem Hamburger Landgericht der Mieterverein und die Vertreter zahlreicher Maklerfirmen, die von dem Verein auf einer „Giftliste“ als Scientology-Unternehmen oder Sektenhelfer angeprangert worden waren.

Das Verfahren endete mit einem Vergleich: Die Scientology-Kläger verzichteten auf Klage, Schadensersatz und Schmerzensgeld. Im Gegenzug verpflichtete sich der Mieterverein dazu, „es zu unterlassen, die Betroffenen im Zusammenhang mit Scientology, der Scientology-Doktrin oder Scientology-Organisationen in Auflistungen jeglicher Art öffentlich zu benennen oder derartige Auflistungen zu verbreiten“. Hält der Mieterverein diese Zusage nicht ein, droht ihm pro Namensnennung eine Vertragsstrafe von 20.000 Mark.

Mietervereins-Anwalt Ralf Burmester sieht in der Einigung zumindest „einen Teilerfolg“ für seinen Mandanten. Die Arbeit des Mietervereins würde durch die Maulkorb-Erklärung „nicht im Ansatz berührt“. Denn die umstrittene Liste, so kündigte Vereins-Chef Eckard Pahlke an, werde es „weiter geben“, wenn auch mit anderer Überschrift. Die Aufzählung von 38 Unternehmen und 116 Einzelpersonen aus dem Dunstkreis der Sekte soll in Zukunft voraussichtlich als Liste Hamburger Wohnungsumwandler verbreitet werden.

„Auch im konkreten Einzelfall sind uns nicht die Hände gebunden“, freut sich Pahlke. Sollten Maklerfirmen aus dem Sektendunstkreis konkrete „Umwandlungsschweinereien“ begehen, will der Mieterverein auch weiterhin Roß, Reiter und „Religion“ nennen. Aus dem Prozeß sei der Verein ausgestiegen, um aus „dem Kostenrisiko herauszukommen“. Denn hätte das Gericht der Klage der Scientology-Firmen stattgegeben, hätte der Mieterverein laut Pahlke „Gerichts- und Anwaltskosten in Höhe von 1,5 Millionen Mark“ an den Hacken gehabt. Rund 50 der auf der Giftliste stehenden Personen und Firmen, darunter der bekennende Sektenanhänger Götz Brase, sowie die Unternehmen „CKS“, “Full-House-Immobilien“ oder „GGB“, hatten die Klage angestrengt, weil die Veröffentlichung der Liste ihnen massive Nachteile eingebracht hatte. Wohnungskäufer sprangen ab, Banken weigerten sich, Kredite zu geben. Ob die Maulkorb-Erklärung den Immobilienspekulanten weiterhilft, ist fraglich: Auch wenn die „Giftliste“ demnächst mit neuem Titel erscheint, dürfte den meisten Adressaten klar sein: Wo Umwandler draufsteht, ist Scientology drin.

Während vor dem Landgericht der Streit um die Sekten-Liste beendet wurde, waren die Scientologen auch ein paar hundert Meter weiter, auf der Innenministerkonferenz im Hotel Kempinski, ein heiß diskutiertes Thema. Die Frage, ob die Organisation vom Verfassungsschutz beobachtet werden sollte, wurde dort noch nicht entschieden. Klarheit soll jetzt eine Arbeitsgruppe aus Vertretern der Verfassungsschutzbehörden bringen. „Es ist unbestritten, daß wir es hier mit einer mafiaähnlichen, menschenverachtenden Organisation zu tun haben, mit antidemokratischen Strukturen“, sagte Niedersachsens Innenminister Gerhard Glogowski.

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