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Woody Allens Übersetzer ins Prager Oberhaus

■ Stärkung der kleineren Koalitionspartner bei den tschechischen Senatswahlen

Prag (taz) – Gerade mal 35 Prozent der tschechischen Wahlberechtigten haben sich am Wochenende bei den Senatswahlen auf den Weg zu den Wahllokalen gemacht. Auch wenn die BürgerInnen damit ihr Desinteresse an dieser zweiten Parlamentskammer unterstrichen, wurden diese Wahlen als Probe für die konservative Regierung Klaus betrachtet. Seit sechs Monaten regiert diese gegen ein von der Opposition beherrschtes Unterhaus. Vorerst können Klaus und seine Mannen nun aufatmen: Mit 52 von 81 Senatorensesseln haben sie die Mehrheit in der zweiten Parlamentskammer erkämpft.

Doch der Regierungschef kann sich nicht so recht freuen, denn alle scheinen sich gegen ihn verbündet zu haben, einschließlich Koalitionspartner. Diese kritisieren seit langem das arrogante Verhalten von Klaus und lehnten sogar eine landesweite Zusammenarbeit bei der zweiten Runde der Senatswahlen ab. Wider Erwarten und Prognosen eroberten sie 20 Prozent der Senatorensessel. Auch die Sozialdemokraten haben profitiert und ihre Position als zweitgrößte Partei im Lande behalten.

Der Erfolg der Klaus-Gegner zeigt sich auch daran, daß der tschechische Botschafter in Bonn, der Schriftsteller Jiří Gruša, in der Senatswahl scheiterte, während die Rechnung der kleinen Koalitionspartner, unabhängige Persönlichkeiten auf ihre Listen zu nehmen, im Falle des tschechischen Botschafters in den USA und Woody-Allen-Übersetzers, Michael Žantovsky, und des ehemaligen tschechischen Regierungschefs, Petr Pithart, aufging.

Doch andere Persönlichkeiten, die dem Senat zu dem verhelfen wollten, was er seinen geistigen Vätern zufolge werden sollte, nämlich eine Art „Rat der Weisen“, scheiterten. Exaußenminister Jiří Dienstbier fiel bereits in der ersten Runde durch.

Die Regierungskoalition hat diese Probe also bestanden, doch die beiden kleineren Partner werden in Zukunft selbstsicherer auftreten. Die Dominanz einer Partei in Tschechien hat somit endgültig ein Ende gefunden. Katrin Bock

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