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Betr.: „Alle gegen Willi“ und „Der Atom-Ausstieg ist kein individuelles Thema“, taz hamburg vom 18.11.1996 Im Grunde für Willi

Lieber Willi,

alle, die in o.g. Artikel mit Kritik an Deinen Ausstiegsanstrengungen zitiert werden, sind doch im Grunde ihres Herzens für Dich, da sie für den Atom-Ausstieg kämpfen. Der einzige, der gegen Willi Voigt ist, bist Du selbst. Gründlicher, als Du es in Deiner o.g. Stellungnahme tust, kann Dich keiner demontieren.

– Du verniedlichst den saumäßigen Schriftsatz des Energieministeriums im Eilverfahren von Renate Backhaus als „Lapsus“. Hast Du schon den ungeheuerlichen Schriftsatz vom 6.7.96 in meiner Brokdorf-Klage vergessen, den Du vielleicht auch als Lapsus abtust?

– Du willst „eine intensive Diskussion darüber führen, wie juristische Schriftsätze zukünftig aussehen sollen“. Begreifst Du nicht, daß die seit 20 Jahren in der Genehmigung von AKWs erprobten Beamten Dich nun schon das zweite Mal aufs Kreuz gelegt haben und keine Nachhilfe brauchen? (...)

– „Dabei muß frühzeitig ein Konzept klar sein“, schreibst Du. Genau! Aber Du bist schon fast sechs Monate im Amt. Wann endlich gibst Du die Richtung in der Reaktorsicherheitsabteilung an? (...)

– „Immer deutlicher wird für uns die Notwendigkeit, das höchstrichterlich formulierte Besorgnispotential durch neue Erkenntnisse auszufüllen.“ Richtig, doch wie konntest Du wieder den TÜV beauftragen, um diese Frage im Backhaus-Verfahren beantworten zu lassen? Welches für die Klägerin günstige Ergebnis hast Du Dir davon erhofft, als Du den Bock zum Gärtner gemacht hast? (...)

– „Indizien reichen für eine Stillegung von Krümmel nicht.“ Auch richtig. Doch Du verschweigst Dein blitzsauberes Wahlkampfpapier, in dem Du darlegst, wie Krümmel (...) stillgelegt werden kann. (...) Hast Du mitbekommen, daß eine 5,8 Millionen Mark teure Fall-Kontroll-Studie vergeben wurde, die angeblich einen Zusammenhang zwischen Krümmel und Leukämie belegen soll? Da Du vor Gericht ein Ermittlungsdefizit bestreitest, müßtest Du sie eigentlich für überflüssig halten. (...) Von den mysteriösen Umständen, unter denen der Reaktordruckbehälter gefertigt wurde, von den versetzten Schweißnähten, den Verunreinigungen im Stahl und den Metallspänen im Reaktordruckbehälter wirst Du gehört haben. (...) Bist Du schon so abhängig von Deiner Abteilung, daß Du all diese Fragen für geklärt hältst? (...)

– Und nun der (scheinheilige) Satz, der Anlaß für diesen Leserbrief ist. „Die alleinige Verantwortung wird auf die Person des Staatssekretärs projiziert. Der Ausstieg ist kein individuelles Thema...“ Lieber Willi, wie oft haben Wissenschaftler, Juristen und Parteifreunde Dir Unterstützung angeboten. Nach meinen Erfahrungen hast Du Dir nicht ein einziges Mal Zeit genommen, inhaltlich zu diskutieren und Strategien zu entwickeln. (...) Stelle Dich der berechtigten Kritik und erkenne endlich, wer Deine ehrlichen Weggefährten in Richtung Atom-Ausstieg sind!

Karsten Hinrichsen, Brokdorf (Kläger gegen das AKW Brokdorf und grünes Parteimitglied)

Betr.: „Sechs weitere Großkinos“, taz hamburg vom 22.11.1996

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