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Die Post AG schrumpft an allen Schaltern

■ Das Monopol fällt: Verleger wollen alternativen Zustelldienst aufbauen

Berlin (taz/dpa) – In den nächsten Jahren soll die Zahl der Angestellten der Deutschen Post AG weiter um jährlich über 10.000 schrumpfen. Derzeit stehen noch etwa 300.000 auf der Lohnliste. Teile der Briefkastenentleerung und des Vertriebs werden auf private Firmen übertragen, kündigte Vorstandsmitglied Günter Tumm gestern in Frankfurt am Main an. Die Zahl der Poststellen im Lande wird bis zum Jahr 2000 von derzeit 16.500 auf etwa 10.000 sinken. Tumm begründete das mit einer ständig sinkenden Nachfrage an den Schaltern – allein seit 1992 um ein Fünftel.

Wie viele Postämter in den nächsten Jahren dichtmachen oder von der Post an Private abgegeben werden, ist noch nicht geklärt. Auf dem Land und in kleineren Städten und Stadtteilen werden es viele bis fast alle sein. Genauere Vorgaben soll der Post-Regulierungsrat geben, dem die Post AG ihr Filialkonzept am Montag vorlegt.

Der schrittweise Abbau des Monopols für die Briefzustellung wird in jedem Fall weitergehen. Wie schnell die Post ihr Kerngeschäft Konkurrenten öffnen muß, ist hinter den Kulissen noch umstritten. Ende 1997 läuft das monopolstiftende Postgesetz aus. Postminister Wolfgang Bötsch (CSU) möchte der Post eine Exklusivlizenz bis 2002 erhalten. Bis dahin soll sie ohne Konkurrenz Einzelbriefe bis zu 350 Gramm zustellen dürfen, weil sie noch Lasten aus den Zeiten des Staatsbetriebs zu tragen hat: Allein 7,4 Milliarden Mark an Leistungen für ehemalige Post-Staatsdiener werden in den nächsten drei Jahren fällig.

Wegen der neuen Medien wie dem Internet sinke die Zahl der Briefe um jährlich zwei Prozent, so der Postmanager Tumm. Die Versender von Massenpost sehen nicht das Internet als Grund für sinkende Briefzahlen, sondern vor allem die stark steigenden Preise der Post AG. Versandhäuser und Zeitungsverleger haben deshalb letzte Woche in Bonn die AZD Alternative Zustelldienste GmbH gegründet. Sie wollen in den nächsten fünf Jahren einen bundesweiten Zustelldienst aufbauen für Infopost über 100 Gramm und Zeitschriften – mehr erlaubt derzeit der Gesetzgeber nicht.

Die Post AG hat auf dem Massenpost-Sektor letztes Jahr einen Umsatz von 5,3 Milliarden Mark erwirtschaftet. Davon will die AZD einen Gutteil abknabbern und dafür bis zu 40.000 Menschen einstellen – viele 590-Mark-Jobs, vor allem aber volle Stellen, um durch Loyalität eine sichere Zustellung zu gewähren, so die AZD- Geschäftsführung. Die Post beschäftigt im Briefdienst derzeit knapp 90.000 Leute. rem

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