piwik no script img

Koschnick: Bremer Senat wurde vom Vulkan-Management getäuscht

■ Hat das Konzern-Management Schiffbauaufträge geschönt?

Hans Koschnick, der ehemalige Bürgermeister Bremens, hat dem Vulkan-Management gestern vor dem Untersuchungssauschuß vorgeworfen, die Landesregierung getäuscht zu haben. Der Vorstand des Bremer Vulkan hätte immer wieder Schiffbauaufträge geschönt, die sich im Nachhinein als verlustreich herausgestellt hätten. „Darüber habe ich mich mehr als einmal geärgert“, sagte Koschnick. Diese Taktik sei offenbar von dem damaligen Wirtschaftssenator Werner Lenz gedeckt worden. Ihn habe oft „der Zorn gepackt“, daß die zustände Behörde ihn nicht hinreichend über die zu erwartenden Verluste des Unternehmens informiert habe, sagte Koschnik weiter.

Koschnik war von 1967 bis 1985 Senatspräsident und Bürgermeister. In seine Amtszeit fielen wesentliche Vorentscheidungen, die später zur Gründung des Vulkan-Verbundes führten. Ab Juni 1994 saß er im Aufsichtsrat des Bremer Vulkans. Über diesen Zeitraum soll er später vernommen werden. Gestern war die Gründungsphase des Vulkans Thema seiner Zeugenaussage.

Die Pleite der AG-Werft 1983 sei eine unternehmerische Entscheidung von Krupp gewesen, betonte Koschnick. Nachdem die Unternehmer lange Zeit Gewinne eingestrichen hätten, hätten sie sich „von den Werften verabschiedet“. Auf diese Weise sei der Politik die Verantwortung zugeschoben worden. Der Landesregierung sei nichts anderes übrig geblieben, als dem Werften-Verbund später finanziell unter die Arme zu greifen. Kritiker hätten heute leicht reden, wenn sie monierten, die Politik hätte damals statt des Schiffbaus lieber modernere Industrien fördern sollen. „Sie können sich die Unternehmer, die in moderne Industrien investieren, doch nicht an den Haaren herbeiziehen.“

Vor dem Hintergrund der drohenden Arbeitslosigkeit hätte die Landesregierung keine andere Wahl gehabt. Während nach der Pleite der AG-Weser-Werft einige Arbeiter einen neuen Job bei Daimler Benz gefunden hätten, hätte es zum Vulkan „keine Alternative“ gegeben. Außerdem sei man damals davon ausgegangen, daß der Vulkan mit Hilfe von Modernisierungsmaßnahmen bis 1995 hätte durchhalten können. Im Nachhinein räumte Koschnik gleichwohl ein, daß er die Beteiligungen des Landes zeitlich begrenzen und besser kontrollieren würde. Damals hätte die Landesregierung allerdings allein dagestanden. Auch aus Bonn sei keine finanzielle Unterstüzung zu erwarten gewesen. „Wir hatten halt nicht die gleichen Druckmittel wie Nordrhein-Westfalen“, sagte Koschnik mit Blick auf die Subventionen für den Kohle-Bergbau. Den Politiker in Bonn fehle der „maritime touch“. Im Gegensatz zum Kohle-Bergbau würden sie den Schiffbau „nicht als nationale Aufgabe ansehen“. Koschnik war vorerst der letzte Zeuge – die nächste Anhörung ist für Febuar 1997 geplant. kes

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen