■ Querspalte: Schützt die Schweine!
Erwischt! Neulich auf der Tierrechtsdemo hat doch tatsächlich jemand die ExperimentatorInnen als „Schweine“ tituliert. Das ist ungerecht, denn: „Schweine sind saubere, freundliche Tiere.“
Auf dieses Mißverständnis weist uns jetzt die anarchistische Zeitschrift graswurzelrevolution hin. „Es sind immer wieder und vor allem die Schweine, die auch für die gemeinste menschliche Niedertracht ihren Namen hergeben müssen.“ Dies müsse von Menschen, „die die Tiere in ihrem Bewußtsein tragen“, als Frechheit und Beleidigung erkannt und enttarnt werden.
Auch andere Tiere werden sprachlich mißbraucht. Die graswurzelrevolution nennt Namen: Da sind natürlich die „Bullen“, die häufig mit „brutalen PolizistInnen“ gleichgesetzt werden. Allgegenwärtig sind tierverachtende Formulierungen auch in der nichtanarchistischen Alltagssprache: „Dumme Gans“, „blöde Ziege“, „sturer Bock“. Die Sprache zeigt, wo den Tieren ihr Platz in der Gesellschaft zugewiesen wird – ganz unten.
Zu Recht sieht die graswurzelrevolution die Gefahr, sich „lächerlich zu machen“. Aber nicht, weil dieses wichtige Thema aufgegriffen wurde, sondern weil ein alternatives Schimpfwörterkonzept fehlt. Deshalb mein Vorschlag: Sagt es mit Blumen. Statt „du Dackel“ sagen wir jetzt „du Tulpe“, statt „wie die Hyänen“ soll es künftig heißen „wie die Hyazinthen“, und aus den „Bullen“ werden ganz einfach „Pollen“.
Doch ich fürchte, auch dieser pragmatische Vorschlag wird den Protest der graswurzelrevolution auslösen. Schließlich gibt es nichts Unschuldigeres als Pollen, das heißt ungeborene Pflanzenbabys. Ich nehme also den Vorschlag zurück. Außerdem ist die graswurzelrevolution ja auch nicht irgendeine anarchistische Zeitschrift. Vielmehr erklärt sie schon durch ihren Namen einen bodenwärtigen Pflanzenbestandteil zum revolutionären Subjekt. Und vielleicht hat sie ja recht. Irgendwie ist die Grenze zwischen Mensch und Pflanze doch recht willkürlich. Christian Rath
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